Rheinische Post Hilden

So ein Auto kann alles – auch umkippen

- VON SABINE MAGUIRE

Den Abgrund vor Augen hatte unsere Reporterin beim Fahrtraini­ng im Wülfrather Landrover Experience Center.

WÜLFRATH 110 Prozent Gefälle? Das geht gar nicht! Den Abgrund vor Augen, hat man eigentlich nur einen Gedanken: Wie konnte man bloß auf die absurde Idee kommen, sich für ein Fahrtraini­ng im Land Rover Experience Center anzumelden. Dabei hört sich „Level 1“doch nach etwas an, das man mit einem Führersche­in in der Tasche und genug Fahrpraxis locker schaffen sollte. Wäre da nicht dieses bizarre Steinbruch-Ambiente.

Dieter Neldner

Und dazu noch Steigungen, die man noch nicht mal auf vermeintli­ch sicheren Beinen hoch- und runterstie­feln würde. Um Himmelswil­len, was für eine verrückte Aktion! Aussteigen wäre vielleicht ein guter Plan. Oder Dieter könnte runterfahr­en. Wir waren gleich schon beim „Du“und jetzt wäre es leicht zu sagen: „Ich kann das nicht. Ich will das nicht. Bitte mach Du das für mich.“Aber dann hätten wir direkt einpacken können. Das will niemand.

Deshalb stehen wir jetzt gemeinsam vor dem Abgrund. Dieter auf dem Beifahrers­itz sagt, da passiert nichts. Gang einlegen, Fuß von der Bremse, „und bloß nicht auf die Kupplung treten, dann rauschen wir hier runter“, sagt Dieter, der mit Nachnamen Neldner heißt und seit 40 Jahren für Land Rover bei den Experience-Touren mitfährt. Hier beim Fahrtraini­ng ist er der Instruktor und wenn er etwas sagt, dann darf man das glauben. Also noch ein letzter Blick nach unten – und dann ist alles zu spät. Halb zog es ihn, halb sank er hin. Wie auch immer, das Auto ist unten. Motorbrems­e, ruckeln, rutschen: Egal wie, es ist vorbei. Spätestens jetzt wird auch klar, warum Dieter bei der Begrüßung wissen wollte, ob man vor dem Start noch mal zur Toilette wolle. „Die meisten wissen nicht, was auf sie zukommt“, erzählt Dieter. Da gebe es Frauen, die einen Gutschein fürs Fahrtraini­ng zum Geburtstag bekommen haben. Die Angst sei anfangs eine zuverlässi­ge Begleiteri­n – und dann, irgendwann, ist sie plötzlich weg. „Oft sind Frauen sogar die besseren Fahrer“, weiß Dieter.

Erzählt er die gleiche Geschichte mit einem Mann auf dem Fahrersitz, dann geht die so: Der Typ kommt voller Tatendrang zur Türe rein und braucht ein echtes Abenteuer. Wäre doch gelacht, wenn man das hier nicht mal eben abreißen könnte. Bis Mann dann endlich im Auto sitzt. Schon nach den ersten Metern wird klar: So läuft das hier nicht. Stattdesse­n wird im Schritttem­po gefahren. Und irgendwie ist Mann dann wohl auch ganz froh, dass sich das alles nur im ersten und zweiten Gang abspielt.

An diesem Herbsttag rumpeln wir über Schotterpi­sten. Bergauf und bergab: So geht das nun schon seit 20 Jahren. Damals hatte Land Rover das Gelände von Rheinkalk gepachtet und nach ein paar Debatten mit Umweltschu­tzbehörden waren die bürokratis­chen Hürden aus dem Weg geräumt. Stattdesse­n wurden Hinderniss­e aufgebaut, Pisten präpariert und Wasserlöch­er angelegt. Ach ja, dann ist da auch noch diese extreme Schräglage. Inzwischen sind wir vom Defender auf den Discovery umgestiege­n und der bleibt während der Fahrt plötzlich stehen. In Schräglage, wohlgemerk­t. Es fehlt nicht viel und das 2200 Kilo-Gefährt kippt zur Seite. Tut es aber nicht, da ist sich Dieter sicher. Und er sollte mal wieder Recht behalten.

„Wir entschleun­igen die Leute hier“, erzählt er. Und man weiß gleich, was er damit meint. Wer will schon mit einem geplatzten Reifen festhängen, weil ein scharfkant­iger Stein im Weg lag. Oder mit durchdrehe­nden Rädern im Sandberg stecken bleiben. „Ein guter Off-RoadFahrer schaltet sein Hirn ein“, sagt Dieter. Dazu gehört auch, nicht einfach rücksichts­los durch die Natur zu brettern. „Man sollte immer den Respekt behalten und demütig sein. So ein Auto kann fast alles – auch umkippen.“

„Bloß nicht die Kupplung treten, dann rauschen wir hier runter“

Fahrtraine­r

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RP-FOTOS: MIKKO SCHÜMMELFE­DER Sieht steil aus, ist auch steil, und nur bremsen alleine hilft nicht, auch die Motorbrems­e kommt zum Einsatz. Nur die Kupplung treten, das sollte man am Abhang irgendwie vermeiden.

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