Auch jüngere Unternehmer benötigen ein Testament, damit das Firmenvermögen im plötzlichen Erbfall nicht innerhalb der Familie zersplittert. Ebenso ein Thema, meint der Düsseldorfer Erbrechtler Jens Gartung: die Pflichtteilsansprüche der gesetzlichen Erben
Unternehmer haben neben der Renditemaximierung in der Regel ein vorrangiges Ziel: ihre Organisation und ihre Strukturen dauerhaft und bestmöglich zu schützen. Dabei stehen häufig vor allem gesellschafts- und steuerrechtliche Fragestellungen im Vordergrund. „Aber auch das Familien- und das Erbrecht spielen eine wichtige Rolle. Schließlich soll das Unternehmen in seiner Substanz im Erbfall nicht beschädigt werden. Daher bietet es sich an, frühzeitig über eine professionelle testamentarische Gestaltung nachzudenken, um Fir- menwerte zu bewahren“, betont Jens Gartung, Rechtsanwalt und Partner der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei Schröder Fischer.
Wenn ein Unternehmer zum Beispiel durch Unfall oder Krankheit schon in mittleren Lebensjahren stirbt und die Kinder noch nicht volljährig sind, besteht ein erhebliches firmenrechtliches Risiko, weiß der Fachanwalt für Familienund Erbrecht. „Ist die Vermögensnachfolge nicht rechtssicher geregelt, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Mit der Konsequenz, dass das Betriebsvermögen auf die Frau und auf die minderjährigen Kinder übergeht. Das wiederum führt zu großem Aufwand und weiteren rechtlichen Fragestellungen, um die Folgen der Zersplitterung des Vermögens innerhalb der Familie so gering wie möglich zu halten“, warnt Gartung.
Ist kein Unternehmen betroffen und geht es dem Erblasser in erster Linie um die Absicherung des überlebenden Ehegatten, kann die Errichtung eines sogenannten Berliner Testaments empfehlenswert sein. Das verhindert die gesetzliche Erbfolge: Der überlebende Ehegatte erbt bei dieser Gestaltung alles und ist dadurch abgesichert, muss aber gegebenenfalls Pflichtteilsansprüche befriedigen.
Ein wichtiger Punkt für Jens Gartung ist daher der Pflichtteil. Egal wie die letztwillige Verfügung ausgestaltet ist, steht insbesondere Kindern und Ehegatten immer eine Mindestbeteiligung am Nachlass zu. Dieser Pflichtteilsanspruch besteht dabei im Wert der Hälfte des gesetzlichen Erbteils und wird vom Pflichtteilberechtigten regelmäßig gegen die gesetzlichen Erben geltend gemacht. Ein Rechenbeispiel: Ein Erblasser hinterlässt Ehegatte und zwei Kinder. Eines der beiden Kinder soll jedoch nichts erhalten, wodurch diesem von Gesetzes wegen ein Achtel der Erbmasse als Pflichtteil zusteht. Dieses Achtel ist in Geld auszuzahlen, fällig mit dem Tod des Erblassers und auf entsprechende Mahnung auch zu verzinsen.
Eine Option, um Pflichtteilsansprüche zu umgehen, ist der Pflichtteilsverzicht. „Dabei handelt es sich um einen zwischen dem Erblasser und dem potenziell Pflichtteilsberechtigten lebzeitig ausgestalteten, notariell beurkundeten Vertrag, durch den der Pflichtteilsberechtigte ganz oder teilweise auf seine Pflichtteilsansprüche verzichtet. Die Erbquoten und damit auch die Pflichtteilsquoten anderer Erben lässt der Vertrag unberührt“, nennt Jens Gartung eine Gestaltungsmöglichkeit. Der Pflichtteilsverzicht kann ohne eine Gegenleistung, aber auch gegen Abfindung in individueller Höhe vereinbart werden. Der Rechtsanwalt weist im Zusammenhang mit dem Berliner Testament aber auch auf eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hin. Bei dieser Art der Testamentsgestaltung werden als Schlusserben in aller Regel verbindlich die Kinder eingesetzt.
Zum Schutz der Schlusserben hat das Oberlandesgericht die Möglichkeiten von Schenkungen des überlebenden Ehegatten eingeschränkt. „Zum Beispiel kann eine Witwe, als deren Schlusserben im gemeinschaftlichen Testament die Kinder eingesetzt sind, nicht ihrem neuen Lebensgefährten hohe Vermögenswerte übertragen, die das zu erwartende Erbe der Kinder maßgeblich einschränken würden. Diese Beeinträchtigung der Erben hat das Oberlandesgericht untersagt. Das Gericht hat damit den Schutz der Schlusserben deutlich betont und gefestigt.“
Wichtig für Jens Gartung ist, keine Schritte ohne versierte rechtliche Beratung zu ergreifen. „Gerade Unternehmer set- zen viel aufs Spiel, wenn sie solche wichtigen Themen einfach auf sich zukommen lassen.
Der Weg zum Anwalt ist nie vergebens, um eine wirklich individuell passende Gestaltung zu finden und diese dann auch noch rechtssicher umzusetzen. Denn nicht alles, was der Mandant sich überlegt, ist auch juristisch haltbar. Es ist dann unsere Aufgabe, eine rechtlich tragfähige Form dafür zu finden“, betont der Rechtsanwalt.