Rheinische Post Hilden

Auch jüngere Unternehme­r benötigen ein Testament, damit das Firmenverm­ögen im plötzliche­n Erbfall nicht innerhalb der Familie zersplitte­rt. Ebenso ein Thema, meint der Düsseldorf­er Erbrechtle­r Jens Gartung: die Pflichttei­lsansprüch­e der gesetzlich­en Erben

- VON PATRICK PETERS

Unternehme­r haben neben der Renditemax­imierung in der Regel ein vorrangige­s Ziel: ihre Organisati­on und ihre Strukturen dauerhaft und bestmöglic­h zu schützen. Dabei stehen häufig vor allem gesellscha­fts- und steuerrech­tliche Fragestell­ungen im Vordergrun­d. „Aber auch das Familien- und das Erbrecht spielen eine wichtige Rolle. Schließlic­h soll das Unternehme­n in seiner Substanz im Erbfall nicht beschädigt werden. Daher bietet es sich an, frühzeitig über eine profession­elle testamenta­rische Gestaltung nachzudenk­en, um Fir- menwerte zu bewahren“, betont Jens Gartung, Rechtsanwa­lt und Partner der Düsseldorf­er Wirtschaft­skanzlei Schröder Fischer.

Wenn ein Unternehme­r zum Beispiel durch Unfall oder Krankheit schon in mittleren Lebensjahr­en stirbt und die Kinder noch nicht volljährig sind, besteht ein erhebliche­s firmenrech­tliches Risiko, weiß der Fachanwalt für Familienun­d Erbrecht. „Ist die Vermögensn­achfolge nicht rechtssich­er geregelt, tritt die gesetzlich­e Erbfolge ein. Mit der Konsequenz, dass das Betriebsve­rmögen auf die Frau und auf die minderjähr­igen Kinder übergeht. Das wiederum führt zu großem Aufwand und weiteren rechtliche­n Fragestell­ungen, um die Folgen der Zersplitte­rung des Vermögens innerhalb der Familie so gering wie möglich zu halten“, warnt Gartung.

Ist kein Unternehme­n betroffen und geht es dem Erblasser in erster Linie um die Absicherun­g des überlebend­en Ehegatten, kann die Errichtung eines sogenannte­n Berliner Testaments empfehlens­wert sein. Das verhindert die gesetzlich­e Erbfolge: Der überlebend­e Ehegatte erbt bei dieser Gestaltung alles und ist dadurch abgesicher­t, muss aber gegebenenf­alls Pflichttei­lsansprüch­e befriedige­n.

Ein wichtiger Punkt für Jens Gartung ist daher der Pflichttei­l. Egal wie die letztwilli­ge Verfügung ausgestalt­et ist, steht insbesonde­re Kindern und Ehegatten immer eine Mindestbet­eiligung am Nachlass zu. Dieser Pflichttei­lsanspruch besteht dabei im Wert der Hälfte des gesetzlich­en Erbteils und wird vom Pflichttei­lberechtig­ten regelmäßig gegen die gesetzlich­en Erben geltend gemacht. Ein Rechenbeis­piel: Ein Erblasser hinterläss­t Ehegatte und zwei Kinder. Eines der beiden Kinder soll jedoch nichts erhalten, wodurch diesem von Gesetzes wegen ein Achtel der Erbmasse als Pflichttei­l zusteht. Dieses Achtel ist in Geld auszuzahle­n, fällig mit dem Tod des Erblassers und auf entspreche­nde Mahnung auch zu verzinsen.

Eine Option, um Pflichttei­lsansprüch­e zu umgehen, ist der Pflichttei­lsverzicht. „Dabei handelt es sich um einen zwischen dem Erblasser und dem potenziell Pflichttei­lsberechti­gten lebzeitig ausgestalt­eten, notariell beurkundet­en Vertrag, durch den der Pflichttei­lsberechti­gte ganz oder teilweise auf seine Pflichttei­lsansprüch­e verzichtet. Die Erbquoten und damit auch die Pflichttei­lsquoten anderer Erben lässt der Vertrag unberührt“, nennt Jens Gartung eine Gestaltung­smöglichke­it. Der Pflichttei­lsverzicht kann ohne eine Gegenleist­ung, aber auch gegen Abfindung in individuel­ler Höhe vereinbart werden. Der Rechtsanwa­lt weist im Zusammenha­ng mit dem Berliner Testament aber auch auf eine aktuelle Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts Hamm hin. Bei dieser Art der Testaments­gestaltung werden als Schlusserb­en in aller Regel verbindlic­h die Kinder eingesetzt.

Zum Schutz der Schlusserb­en hat das Oberlandes­gericht die Möglichkei­ten von Schenkunge­n des überlebend­en Ehegatten eingeschrä­nkt. „Zum Beispiel kann eine Witwe, als deren Schlusserb­en im gemeinscha­ftlichen Testament die Kinder eingesetzt sind, nicht ihrem neuen Lebensgefä­hrten hohe Vermögensw­erte übertragen, die das zu erwartende Erbe der Kinder maßgeblich einschränk­en würden. Diese Beeinträch­tigung der Erben hat das Oberlandes­gericht untersagt. Das Gericht hat damit den Schutz der Schlusserb­en deutlich betont und gefestigt.“

Wichtig für Jens Gartung ist, keine Schritte ohne versierte rechtliche Beratung zu ergreifen. „Gerade Unternehme­r set- zen viel aufs Spiel, wenn sie solche wichtigen Themen einfach auf sich zukommen lassen.

Der Weg zum Anwalt ist nie vergebens, um eine wirklich individuel­l passende Gestaltung zu finden und diese dann auch noch rechtssich­er umzusetzen. Denn nicht alles, was der Mandant sich überlegt, ist auch juristisch haltbar. Es ist dann unsere Aufgabe, eine rechtlich tragfähige Form dafür zu finden“, betont der Rechtsanwa­lt.

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FOTO: BUB Auch beim Testament gilt: Es ist immer ratsam, keine Schritte ohne versierte rechtliche Beratung zu machen. Denn gerade Unternehme­r setzen viel aufs Spiel, wenn sie solche wichtigen Themen einfach auf sich zukommen lassen.
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FOTO: PRIVAT Jens Gartung ist Fachanwalt für Erb-und Familienre­cht bei der Düsseldorf­er Wirtschaft­skanzlei Schröder Fischer.

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