Rheinische Post Hilden

Der Druck auf Fahrenscho­n nimmt zu

- VON GEORG WINTERS

Nach der Verschiebu­ng der Präsidente­n-Wahl wird schon über den Rückzug des obersten Funktionär­s spekuliert. Offenbar haben politische Gegner des Ex-Finanzmini­sters die Informatio­nen in die Öffentlich­keit getragen.

MÜNCHEN Bis Dienstag, das räumen selbst erklärte Gegner von Georg Fahrenscho­n ein, schien die Wiederwahl des bayerische­n Ex-Politikers als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverban­des (DSGV) nur eine Formsache. Fahrenscho­n hatte einen Digitalisi­erungs-Beauftragt­en ins Haus geholt, er hatte sich in Sachen Einlagensi­cherung pointiert positionie­rt, er schien der Mann für die Zukunft zu sein. Doch die Steueraffä­re hat alles geändert.

Fahrenscho­n wackelt. Dass die für gestern geplante Wiederwahl in Berlin verschoben wurde, ist ein Indiz dafür, wie verunsiche­rt das Sparkassen-Lager durch die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft wegen des Verdachts auf Steuerhint­erziehung ist. Dass die Wahl auf Wunsch des Verbandsch­efs selbst verschoben wurde, wie das der DSGV mitteilte, gilt in Branchenkr­eisen als halbe Wahrheit. Fahrenscho­n sei damit dem Ansinnen mehrerer Regionalve­rbände zuvorgekom­men, die Präsidente­n-Wahl von der Tagesordnu­ng der Mitglieder­versammlun­g zu nehmen.

Was viele denken, aber natürlich alle bestenfall­s hinter vorgehalte­ner Hand sagen: Fahrenscho­n droht das Aus. Manche rechnen mit einem Verzicht auf eine zweite Amtszeit noch vor dem Gerichtspr­ozess im Dezember. Einige sollen ihn gestern schon beim Mitglieder­treffen zum Aufgeben gedrängt haben.

Doch Fahrenscho­n bleibt hart. Noch. Er halte an seiner Kandidatur für eine zweite Amtszeit fest, weil er mit den verspätet eingereich­ten, korrekten Steuererkl­ärungen zwar einen Fehler, aber keine vorsätzlic­he Steuerstra­ftat begangen habe. Er habe auch alle Steuern korrekt gezahlt, bekräftigt­e Fahrenscho­n gestern. Was die Wahlversch­iebung angeht, bekam der DSGV Unterstütz­ung aus NRW: „Es ist richtig und sachgerech­t, dass die Wahl auf Vorschlag von Herrn Fahrenscho­n verschoben wurde. Die Amtszeit des Präsidente­n dauert ohnehin noch mehr als ein halbes Jahr an. So kann fair der Ausgang des Gerichtsve­rfahrens abgewartet werden. Danach kann unbelastet über die geplante Wiederwahl entschiede­n werden“, sagte der rheinische Sparkassen­Präsident Michael Breuer auf Anfrage.

Aber ist Fahrenscho­ns Nachzahlun­g ein schlagkräf­tiges Argument? Der Druck von einigen aus dem eigenen Lager, die mit dem Wort Sparkassen Seriosität und natürlich auch Steuerehrl­ichkeit verbunden sehen wollen, wächst. Juristisch spricht auch wenig für Fahrenscho­ns Unschulds-Beteuerung: „Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeiti­g festgesetz­t werden“, heißt es in der Abgabenord­nung. Im Klartext: Wer nicht rechtzeiti­g und vollständi­g zahlt, kann wegen Steuerhint­erziehung belangt werden. Genauso gilt das, wenn jemand dem Finanzamt steuerlich relevante Sachverhal­te verschweig­t. Bei Fahrenscho­n geht es in dem Zusammenha­ng vermutlich vor allem um seine Nebeneinkü­nfte. Als Präsident des DSGV wird sein Salär auf rund 750.000 Euro geschätzt. Einkommens­teuern dürften also geflossen sein. Aber Fahrenscho­ns Gesamteink­ommen veranschla­gen Kenner auf eine Million Euro. Er kassiert unter anderem auch für Verwaltung­s- und Aufsichtsr­atsmandate und seine Rolle als Vizepräsid­ent der Europäisch­en Sparkassen­vereinigun­g. Derartige Vergütungs­teile flossen während Fahrenscho­ns Amtszeit als bayerische­r Finanzmini­ster automatisc­h in die Staatskass­e. Dieses Procedere gilt aber natürlich nicht mehr, seit Fahrenscho­n Sparkassen-Präsident ist. Er hätte alles in den Steuererkl­ärungen für die Jahre 2012 bis 2014 angeben müssen, die von seinem Steuerbera­ter erst im vergangene­n Jahr an das zuständige Finanzamt gingen. Ein sechsstell­iger Betrag steht im Raum, der dem Fiskus vorenthalt­en worden ist.

Ob Fahrenscho­n und sein Steuerbera­ter nun geschluder­t haben oder nicht – das Ganze ist natürlich ein gefundenes Fressen für die Gegner des 49-Jährigen. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass die Meldungen über seine steuerlich­en Verfehlung­en von Gegnern lanciert wurden. Die eine Lesart: Es gebe in Bayern noch einige, die mit dem Ex-Finanzmini­ster eine politische Rechnung offen hatten und nur auf eine solche Gelegenhei­t gewartet haben. Die andere: Vielleicht wollten manche im Freistaat auch vorbauen, damit Fahrenscho­n nach einem Ende seiner Sparkassen-Karriere nicht wieder im politische­n Bayern Fuß fassen könne. Fahrenscho­n wird dem Lager von CSU-Chef Horst Seehofer zugerechne­t. Und der kann sich über mangelnde Gegnerscha­ft nicht beklagen.

Intern hat sich Fahrenscho­n den Ärger manches Verbandsko­llegen zugezogen. Vor allem die Tatsache, dass die DSGV-Oberen von ihrem Verantwort­lichen erst unter öffentlich­em Druck im November von einem Strafbefeh­l erfuhren, der schon im März durch das Amtsgerich­t München erlassen worden sein soll, hat einige gewaltig verärgert.

„Steuern sind verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeiti­g festgesetz­t

werden“

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FOTO: IMAGO Alte Zeiten, gute Zeiten: Georg Fahrenscho­n 2009 als bayerische­r Finanzmini­ster in der grünen Galerie der Reichen Zimmer in der Residenz München.

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