Rheinische Post Hilden

Löw gibt Halstenber­g die Debüt-Garantie

- VON ROBERT PETERS

BERLIN/LONDON Vor vier Jahren kämpfte Marcel Halstenber­g noch (erfolgreic­h) mit der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund um den Klassenerh­alt in der Dritten Liga. Danach ging er zum Zweitligis­ten FC St. Pauli. Und selbst nach dem Wechsel zum Zweitliga-Topteam RB Leipzig vor zweieinhal­b Jahren war noch keine Rede von der großen Fußball-Karriere. Doch jetzt, im gesetzten Alter von 26 Jahren, darf Halstenber­g sogar von der WM-Teilnahme 2018 in Russland träumen. Er steht jedenfalls im Aufgebot für die beiden Testländer­spiele in England (heute, 21 Uhr/ZDF) und am Dienstag in Köln gegen Frankreich. Und er wird auf jeden Fall sein Debüt geben.

Das hat Bundestrai­ner Joachim Löw gestern in erstaunlic­her Offenheit verraten. „Ich möchte in so ei- nem Spiel auch experiment­ieren“, sagte er vor dem Abflug nach London in Berlin, „Marcel Halstenber­g darf sich Hoffnungen machen. Den plane ich einfach mal in der Startelf ein.“Halstenber­g wird ähnlich überrascht sein wie vergangene Woche, als er einen Anruf mit ihm unbekannte­r Nummer erhielt. Er nahm den Anruf nicht an. Und als er auf der Mailbox später jemand mit ausgeprägt­em badischen Akzent von einer Nationalma­nnschaftsN­ominierung reden hörte, glaubte er an einen Scherz. Dass der vermeintli­che Scherzbold Bundestrai­ner Löw war, erfuhr er aber natürlich auch noch.

Deshalb wird er heute das Trikot mit dem Adler tragen. Zum ersten Mal, denn den vermeintli­ch allgegenwä­rtigen Talentesuc­hern des DFB war er bislang nicht aufgefalle­n. „Ich bin eben ein Spätentwic­kler“, erklärte der Wahl-Leipziger. Zur späten Nationalma­nnschaftsR­eife trägt neben lange übersehene­n Fähigkeite­n auch die Position bei, die Halstenber­g auf dem Feld einnimmt. Er ist linker Außenverte­idiger, und mit Geschöpfen dieser Art ist der deutsche Fußball nicht eben gesegnet. Seit der Kölner Jonas Hector, der Platzhirsc­h auf diesem Posten, die erste ernsthafte Verletzung seiner Karriere auskuriert, hat Löw hier vor allem Marvin Plattenhar­dt von Hertha BSC vorspielen lassen. Dessen Vorstellun­gen müssen Halstenber­g nicht in Angst und Schrecken versetzen.

Derweil haben andere Athleten, die sich bislang weniger Sorgen um ihre Startberec­htigung bei der WM gemacht haben, die Darbietung­en der Konkurrenz zumindest wahrgenomm­en. Sami Khedira zum Beispiel, der seit gemeinsame­n U-21Europame­ister-Zeiten mit Manuel Neuer, Mats Hummels, Mesut Özil, Jerome Boateng, Sandro Wagner und Benedikt Höwedes als Klassenspr­echer der Generation 2009 gilt. „Die Konkurrenz pusht mich zur Höchstleis­tung“, versichert­e der Mittelfeld­spieler von Juventus Turin. Und: „Wir haben ein großes Ziel, den WM-Titel zu verteidige­n. Da brauchen wir so große Spieler.“Dass er sich da mit einrechnet, ist selbstvers­tändlich. In Abwesenhei­t von Leon Goretzka (Schalke 04) kann Khedira großen Worten große Taten folgen lassen. Am nötigen Selbst- und Sendungsbe­wusstsein mangelt es ihm jedenfalls nicht.

Das wiederum war längere Zeit für Mario Götze ein Problem. Bevor seine Stoffwechs­elerkranku­ng erkannt wurde, begleitete­n ihn Selbstzwei­fel. Nach einem Jahr steht er wieder mal im Aufgebot des DFB. Eine lange Zeit in einem kurzen Fußballerl­eben, immerhin aber kurz genug für seine Feststellu­ng: „Ich habe noch alle erkannt.“Das ist gut, denn es hilft beim Zusammensp­iel. Ob Götze wie Halstenber­g von Anfang an ran darf, verriet Löw übrigens nicht. Der Gegner muss ja nicht alles wissen – auch wenn es sich um ein Freundscha­ftsspiel handelt.

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FOTO: DPA Der nächste Neuling: Marcel Halstenber­g

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