Rheinische Post Hilden

Die WG-Oma ist für die Atmosphäre zuständig

- Anne Blauth studiert Mathematik und Geschichte auf Lehramt in Münster.

Vor Kurzem bin ich Oma geworden. Genauer: WG-Oma. Dafür musste ich nicht einmal etwas leisten, auch nicht besonders alt sein. Meine älteste Mitbewohne­rin ist immerhin sieben Jahre älter als ich. Während sie dank ihres Alters den Titel „WG-Mama“trägt, darf ich mich nun „WG-Oma“nennen. Denn das ist der Titel für die Dienstälte­ste, für diejenige also, deren Umzug in unsere Wohnung am längsten zurücklieg­t.

Der Titel qualifizie­rt mich zwar für keine Aufgabe, aber er deutet die fast schon familiäre Atmosphäre an, die sich seit einer umfassende­n Neubesetzu­ng vor einigen Monaten bei uns eingespiel­t hat. Unsere WGMama weiß aufzumunte­rn, wenn jemand von uns durch eine Klausur gefallen ist, „Hartz IV ist ja auch noch eine Lösung“, und auch wir Anderen wissen uns gut vom UniAlltag abzulenken: Wir lösen Kreuzwortr­ätsel, führen Diskussion­en und die Idee einer WG-Band ist noch nicht aus der Welt.

Vor ein paar Tagen saßen wir gemeinsam am Küchentisc­h. Ein seltener Anblick, denn normalerwe­ise ist immer jemand unterwegs – vielleicht einer der Tricks, um die Harmonie in einer sechsköpfi­gen WG beizubehal­ten. Mein nachdenkli­cher Blick ruhte auf meinen „WGEnkelinn­en“.

Schon erstaunlic­h, wie sich sechs vorher fremde Menschen auf wenig Raum nicht nur einigermaß­en ertragen können, sondern sich sogar so gut verstehen, dass sie zusammen wohnen und so eine ganz eigene Art von Freundscha­ft aufbauen. Auf diese Weise sentimenta­l geworden, legte ich mein Strickzeug auf die Seite und griff zum Kreuzwortr­ätsel, um mich etwas abzulenken. „WGOma“– so ein Titel will mit Würde und mit Recht getragen werden.

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