„Gurlitt-Ausstellung ist ein Skandal“
Großcousin Ekkeheart Gurlitt klagt die Behörden an und will den Namen der Familie wieder reinwaschen.
HILDEN Die Bundeskunsthalle Bonn und das Kunstmuseum Bern zeigen aktuell Bilder aus der Sammlung Cornelius Gurlitt. Die rund 1600 Kunstwerke wurden in Bayern im März 2012 mit der Begründung beschlagnahmt, es bestehe Verdacht auf Steuerhinterziehung. „Der NSKunstraub und die Folgen“überschreibt die Bundeskunsthalle die Schau. Weil es den Verdacht gebe, dass es sich um Raubkunst aus der Zeit der NS-Gewaltherrschaft handele, so das Museum.
Ein Skandal, findet Ekkeheart Gurlitt, Großcousin und Erbe des im Mai 2014 verstorbenen Cornelius Gurlitt. Der 69-Jährige lebt in Barcelona und ist mit dem Hildener Unternehmer Manfred Kluth befreundet. Dort traf ihn unsere Zeitung. Die deutsche Regierung habe bis heute bereits fast drei Millionen Euro Steuergelder gezahlt, um die Herkunft der Bilder zu klären. „Lediglich sechs der 1644 Bilder sind zweifelsfrei als NS-Beutekunst nachgewiesen worden“, sagt Ekkeheart Gurlitt. „Warum werden die Bilder und der Name Gurlitt auch in dieser Ausstellung diffamiert, obwohl doch alles nur Mutmaßungen und Verdächtigungen sind?“
Der eigentliche Kunstraub sei die „Enteignung der eigentlichen Erben, also der Familie Gurlitt“gewesen. „Es fehlt die Rechtsgrundlage dafür, dass die Bilder der Familie Gurlitt entzogen und einem Museum in der Schweiz überlassen wurden.“Am 9. Januar 2014 hatte Cornelius Gurlitt ein Testament aufgesetzt und seine Sammlung dem Kunstmuseum Bern vermacht. Der 80-Jährige habe damals unter „Vollbetreuung“gestanden. „Er durfte somit gar kein juristisch relevantes Dokument unterschreiben. Deshalb ist das Testament für mich ungültig.“
Das Oberlandesgericht München urteilte im Dezember 2016 anders. Deshalb ging das millionenschwere Erbe nach Bern. Das muss Ekkeheart Gurlitt zähneknirschend hinnehmen. Der 69-jährige Fotograf hat über den Fall ein 356 Seiten starkes Buch geschrieben: „Ich möchte den Namen Gurlitt wieder reinwa- schen.“Doch der Autor sucht noch den richtigen Verlag: „Als Roman mit fiktiven Personen wäre das Buch längst gedruckt. Als Sachbuch fürchten die bisher kontaktierten Verlage jedoch Einstweilige Verfügungen, Schwärzungen oder einen Verkaufsstopp, weil ich zu ehrlich schreibe.“
Cornelius Gurlitt wurde fälschlich beschuldigt und von Zoll, Staatsanwaltschaft und Justiz beraubt. Das sagt Maurice-Philip Remy in seinem Buch „Der Fall Gurlitt. Die wahre Geschichte über Deutschlands größten Kunstskandal“(EuropaVerlag Berlin 2017, 35 Euro) – und kann dafür auch viele Belege liefern. Vier Jahre lang hat der Autor und Filmemacher recherchiert, die Ermittlungsakten ausgewertet und den kompletten Nachlass Hildebrand Gurlitts gesichtet. Dem Kunsthändler wird vorgeworfen, Kunstwerke für NaziGrößen besorgt und sich an der Not jüdischer Mitbürger bereichert zu haben. Hildebrand Gurlitt habe keine Verfolgten des NS-Regimes „beschissen oder betrogen“, sagt Remy: „Er war ein Reste-Händler. Die wirklich wertvollen Werke waren da längst ins Ausland verkauft.“Hildebrand Gurlitts Bilder-Sammlung (die sein Sohn Cornelius erbte) ist „keine Raubkunst-Sammlung“, ist Remy überzeugt: „Weniger als ein Prozent der Bilder sind Raubkunst. Das ist weniger als bei vielen öffentlichen Museen. Ich halte die Jagd auf Cornelius Gurlitt für bedenklich. Er war unschuldig und krank.“Die
Ekkeheart Gurlitt gerade eröffnete GurlittAusstellung in Bonn ist für Remy schlicht ein „Skandal“: „Sie ist eine Desinformations-Kampagne und soll von schweren Versäumnisse ablenken. Nach 1945 sind die Weichen bewusst falsch gestellt worden.“
„Lediglich sechs der 1644 Bilder sind
Raub-Kunst“