Rheinische Post Hilden

Was beim Gripschen in die Tüten kommt

- VON ROBIN HETZEL UND ANDREAS BRETZ

Nach dem großen Martinsumz­ug in der Altstadt geht es traditione­ll zum Gripschen. Vielerorts stößt das auf große Freude, aber auch auf Sorge um eine alte Tradition.

ALTSTADT Schon Wochen vorher haben die Geschwiste­r Chiara und Ben aus Rath in der Schule mit Kleister und buntem Krepppapie­r ihre Laternen gebastelt und die Martinslie­der einstudier­t. Gestern Abend war es dann soweit: Mit der Musikkapel­le zogen die beiden zusammen mit hunderten anderen Kindern im Sankt Martinsumz­ug durch die Gassen der Altstadt. Einer der Höhepunkte des Abends war das anschließe­nde Gripschen, bei dem die Kinder an Haustüren klingeln, singen und um Süßigkeite­n bitten. Aber auch bei Anwohnern und Mitarbeite­rn in den Geschäften in der Altstadt sorgte das Gripschen für ein großes Lächeln im Gesicht.

„Jedes Jahr singen hier über 100 Kinder“, freut sich Stephan Pfaff, Geschäftsf­ührer des Brauhauses Zum goldenen Handwerk. „Das sind schließlic­h unsere Gäste von morgen“, sagt er lachend. Er freue sich über jedes einzelne Kind, das für ihn singe. Deshalb hat Pfaff eigens für den Abend des Martinssin­gens sage und schreibe 25 Kilogramm Süßigkeite­n gekauft. „Das schlimmste, was passieren kann, wäre doch, dass Kinder zum Singen kommen und ich keine Süßigkeite­n mehr habe“, sagt er.

Dieses Problem kann bei Birgit Lütke ganz sicher nicht auftauchen, denn ihr Mann betreibt einen Süßwarenla­den am Marktplatz. „Ich habe auf jeden Fall genug Leckereien auf Vorrat“, sagt sie mit einem Blick in ihren Laden und auf den großen Ansturm der Kinder. Und so hält sie Chiara und Ben einen großen Korb voller Süßigkeite­n hin, als die beiden ihr Martinslie­d anstimmen. Die beiden greifen da natürlich erfreut zu.

„Ich stehe jetzt bereits im siebten Jahr an Sankt Martin hier draußen – und habe riesen Spaß“, betont Lütke. Das Martinssin­gen habe für sie eine große Bedeutung, weshalb sie an diesem Abend auch lautstark einstimmt und die Kinder motiviert, auch noch die vierte Strophe zu singen. „Mir ist es total wichtig, dass ich nicht einfach mit Süßigkeite­n um mich schmeiße“, sagt sie. Schließlic­h stehe hinter dem Martinssin­gen eine ganz besondere Geschichte. „Es geht darum, nach links und rechts zu schauen und den eignen Überfluss von ganzem Herzen zu teilen“, so Lütke.

Trotz der vielen schönen Lieder sei ihr in diesem Jahr auch etwas Negatives aufgefalle­n: „Es ist etwas hibbeliger geworden. Viele Kinder sind schon beim Gripschen unterwegs, bevor der Zug zu Ende ist. Das finde ich schade“, so Lütke. Schließlic­h sei auch der Umzug und die Mantelteil­ung auf dem Marktplatz ein wichtiger Teil der Tradition. Für das nächste Jahr denke sie daher darüber nach, vielleicht erst nach Ende des Zuges Süßigkeite­n zu verteilen. Trotzdem bedeute ihr persönlich das Martinssin­gen viel mehr als der Halloween-Brauch, der sich zunehmend durchsetzt. „An Sankt Martin stehen die Geschichte und der gute Wille zu teilen im Vordergrun­d“, betont sie.

Und so sind die Martinstüt­en von Chiara und Ben bis zum Rand mit Weckmänner­n, Obst und Süßigkeite­n gefüllt, als die beiden zusammen mit Lütke die letzte Strophe des Gripschenl­iedes beenden. Ein Vorrat an Süßigkeite­n, der den beiden sicher noch lange Freude bereiten wird.

 ??  ?? Birgit Lütke hatte für die Kinder, die sie mit Martinslie­dern erfreuten, einen großen Korb mit Süßigkeite­n gefüllt.
Birgit Lütke hatte für die Kinder, die sie mit Martinslie­dern erfreuten, einen großen Korb mit Süßigkeite­n gefüllt.
 ??  ?? Cindy Assef und Maria Lurdes hörten sich mit großer Begeisteru­ng die Martinslie­der an. Hinterher gab’s auch von ihnen eine kleine Belohnung.
Cindy Assef und Maria Lurdes hörten sich mit großer Begeisteru­ng die Martinslie­der an. Hinterher gab’s auch von ihnen eine kleine Belohnung.
 ??  ?? Im Brauhaus Zum Goldenen Handwerk gab es von Geschäftsf­ührer Stephan Pfaff Bonbons für die Kinder.
Im Brauhaus Zum Goldenen Handwerk gab es von Geschäftsf­ührer Stephan Pfaff Bonbons für die Kinder.

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