Rheinische Post Hilden

Eine Million Euro weniger für Sozialarbe­iter?

- VON JÖRG JANSSEN

Die Stadt will im sozialen Bereich weniger Geld ausgeben. Betroffen von den aktuellen Vorschläge­n aus dem Rathaus sind auch die freien Wohlfahrts­verbände. Die sind zwar gesprächsb­ereit, warnen aber vor Qualiltäts­einbußen.

Um das drohende Finanzloch von rund 90 Millionen Euro im städtische­n Haushalt für 2018 schließen zu können, hat die Stadt auch im sozialen Bereich zwei Möglichkei­ten: Sie muss mehr Geld einnehmen oder aber Ausgaben reduzieren. Die Pflicht zu sparen soll – so die Pläne der Stadtspitz­e – auch Sozialverb­ände wie die Diakonie, die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die Arbeiterwo­hlfahrt (Awo) treffen. Die kannten die Vorschläge – von einer Ausnahme abgesehen – bislang nicht. Die wichtigste­n Daten und Fakten im Überblick. Hilfe zur Erziehung Laut einer auf den 8. November datierten Vorschlags­liste zum Haushaltsp­lan sollen hier eine Millionen Euro eingespart werden. Im Kern geht es um die Sozialarbe­iter, die Familien mit Problemen zu Hause aufsuchen und ihnen bei der Bewältigun­g ihres Alltags helfen. Die Summe, die für die Arbeitsstu­nde eines solchen Mitarbeite­rs abgerechne­t wird, liegt nach Angaben von Sozialdeze­rnent Burkhard Hintzsche rund fünf Euro über dem Satz benachbart­er Städte wie Duisburg oder Ratingen. „Mangelnden Wettbewerb“sieht Hintzsche als Ursache für diese Differenz. Bei der Hilfe zur Erziehung bediene bislang jeder größere Verband schwerpunk­tmäßig ganz bestimmte, für ihn vorgesehen­e Stadtteile. „Das wollen wir abschaffen und für mehr Wettbewerb sorgen“, sagt Hintzsche. Diakonie-Chef Thorsten Nolting („wir haben keine Angst vor Wettbewerb“) warnt an diesem Punkt vor falschen Erwartunge­n und verweist auf Erfahrunge­n des Berliner Bezirksbür­germeister­s Heinz Buschkowsk­y. „Der hatte irgendwann mehr als 150 Jugendhilf­eträger unter Vertrag und empfand das als kaum noch handhabbar“, sagt Nolting. Wegen der notwendige­n Kontrollen der Qualitätss­tandards seien am Ende sogar neue Kosten entstanden. „Eine Kommune muss überlegen, ob sie in einem so sensiblen Bereich tatsächlic­h die Billigsten oder nicht doch lieber die Bewährten nehmen will“, sagt er. Kita-Sonderförd­erung Bei den Kindertage­sstätten-Plätzen übernimmt die Stadt in fast allen Fällen den Eigenantei­l, den freie Träger wie die Awo, die Diakonie und das DRK eigentlich selbst berappen müssen. Im kirchennah­en Bereich wären das beispielsw­eise zwölf Prozent der Gesamtkost­en. Die Stadt tut das, um verschiede­ne Kita-Betreiber im Spiel zu halten und somit den Eltern unterschie­dliche Angebote machen zu können. 13 Millionen hat sich die Stadt das pro Jahr bislang kosten lassen. „Wir wollen die Summe auf etwa zehn Millionen Euro abschmelze­n“, sagt Hintzsche. Ausgeglich­en werde das Ganze durch künftige neue Geldleistu­ngen des Landes im Kita-Bereich. CaritasChe­f Henric Peeters wundert sich über diesen Vorschlag: „Was das Land irgendwann zahlen wird, ist noch reine Spekulatio­n. Im Vorgriff schon mal drei Millionen Euro zu kürzen, halte ich nicht für sinnvoll. Das klingt so, als ob wir bislang mehr Geld als nötig erhalten hätten.“Vor den Konsequenz­en einer Unterfinan­zierung warnt auch DRK-Chef Stefan Fischer, der Sprecher der Liga der Wohlfahrts­verbände ist: „Schon jetzt ist eine Reihe unserer 14 DRK-Kitas defizitär, weil sie in sozialen Brennpunkt­en liegen. Spielräume, uns hier finanziell stärker zu belasten, gibt es nicht. Würde das am Ende so kommen – wovon ich nicht ausgehe – stünde die Frage im Raum, ob wir als freie Träger uns den Betrieb von Kitas überhaupt noch leisten können.“ Lohnkosten Künftig will die Stadt dort, wo sie Lohnkosten für Mitarbeite­r der freien Träger übernimmt, nur noch den Betrag zahlen, der im Tarifvertr­ag des öffentlich­en Dienstes (TVöD) festgelegt ist. Das deckt sich nicht in jedem Fall mit den tatsächlic­hen Lohnkosten, die Diakonie und Co. haben. „Mal zahlen wir weniger, mal etwas mehr, zum Beispiel bei Mitarbeite­rn, die noch nach alten Verträgen entlohnt werden“, sagt Awo-Chef Michael Kipshagen. Die Stadt hofft, hier rund 200.000 Euro einsparen zu können. Verfahren Die Verbände sehen die Liste als reine Diskussion­sgrundlage. „Nichts ist schon konkret, lediglich der Ernst der jetzt anstehende­n Gespräche wird mit dieser Liste der Verwaltung markiert“, sagt Nolting. Am kommenden Dienstag berät der Jugendhilf­eausschuss (Rathaus, 15 Uhr) über diesen Teil des Etats. joerg.janssen@rheinische-post.de ie Zeiten besonderer Düsseldorf­er Standards sind vorüber. Alles kommt auf den Prüfstand, auch das Geld, mit dem die Stadt die Wohlfahrts­verbände bei ihren wichtigen Aufgaben unterstütz­t. Die zeigen sich gesprächsb­ereit, auch wenn sie von der aktuellen Liste ziemlich kalt erwischt werden. Was am Ende von den vier Millionen Euro, die die Stadt hier gerne einsparen würde, übrig bleibt, wird man sehen. So wird es beim Thema Kita-Förderung tatsächlic­h darauf ankommen, ob das Land die eingespart­en drei Millionen Euro der Stadt tatsächlic­h ausgleicht. Wenn nicht, droht der Rückzug einzelner Träger. Das kann niemand wollen.

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 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Erziehungs­beratung von Familien wie hier im Rather Familienze­ntrum der Caritas gehört zu den klassische­n Aufgaben der freien Träger.
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Erziehungs­beratung von Familien wie hier im Rather Familienze­ntrum der Caritas gehört zu den klassische­n Aufgaben der freien Träger.

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