Das Solinger „Get“hinterlässt Erinnerungen
OHLIGS/HILDEN Eine DiskothekenÄra geht im Februar zu Ende. Viele, viele werden das Getaway vermissen, auch wenn sie in den letzten Monaten und Jahren nicht mehr im Keller der alten Beckmann-Brauerei gefeiert haben. Mir geht es genauso, wenn ich auf die gute alte Party-Zeit zurückblicke, in der der Körper noch leichter eine durchtanzte Nacht verkraftet hat als heute.
Ich war fest davon überzeugt, dass das Getaway noch einmal richtig durchstarten wollte. Gerade erst hat DJ Topic an der Kottendorfer Straße aufgelegt – seit seiner HitSingle „Home“immerhin ein gefragter Discjockey weltweit. Wenige Tage nach dem Heimspiel des Musikproduzenten aus Solingen kam die Nachricht überraschend, dass Jürgen Ries den im Februar auslaufenden Pachtvertrag nicht mehr verlängern wird. Das Geschäftsmodell in dieser Größenordnung funktioniere nicht mehr, sagt er.
Im Grunde genommen aber war die Entscheidung des Betreibers der in der gesamten Region bekannten Kult-Diskothek vorhersehbar. Das „Get“war wie ein gallisches Dorf, das sich im Nachtleben standhaft gegen das Club-Sterben behauptet hat. Aber jetzt ist auch Jürgen Ries der Zaubertrank ausgegangen, um das Publikum in den Massen anzulocken, die die Existenz auf weitere Jahre sichern würde.
In jungen Jahren hätten mich keine zehn Pferde nach Glüder gebracht, um dort bei Rock die Nacht zum Tag zu machen. Die MusikRichtung ist nicht mein Ding, hat aber der Diskothek in den von Pop dominierten 80er Jahren eine feste Daseinsberechtigung geliefert. Selbst nach dem Umzug nach Ohligs in die ehemalige BeckmannBrauerei und einem zwangsläufig angepassten Mainstream-Konzept, blieb das Rock-Publikum dem „Get“treu. Bis irgendwann auch der legendäre Donnerstagabend Vergangenheit war. Aus den Partypeople von früher waren halt Familienmenschen geworden.
Ich habe selbst erst spät den Weg ins Getaway gefunden. 16 Jahre ist es her, dass mich der Job zurück ins Bergische Land gebracht hat. Es war die Zeit, als die Leute vor dem „Prater“in Bochum oder dem „PM“in Moers Schlange gestanden haben. Im Vergleich zu diesen Schickimicki-Tanztempeln war das „Get“eine Disko-Oase, in der jeder Gast eintauchen konnte, wie er wollte. Dresscode? Fehlanzeige. Die Musik und Beats waren ohnehin die gleichen, unschlagbar aber waren (und sie sind es heute) die Getränkepreise.
Mein Kumpel und ich waren damals Single. Viele, viele andere Gäs- te auch. Ich sage nur: „Hai beißt Haifisch.“Immer wieder samstags waren wir auf der Rolle und hatten unseren Spaß. Meine Partnerin habe ich allerdings auf andere Weise kennengelernt. Vom Balkon unserer ersten gemeinsamen Wohnung aus konnten wir die Beckmann-Brauerei sehen. Dorthin haben wir es jedoch nur einmal geschafft. Wir kamen zumindest bis zur Treppe, wo ein Türsteher freundlich anmerkte: „Ihr wollt hier nicht rein. Damit tut ihr euch keinen Gefallen.“Wir waren ihm sogar sehr dankbar für den gut gemeinten Rat. Es war ausgerechnet einer dieser Freitage, an denen das „Get“den Teenies der Stadt gehörte. Ähnlich großer U20-Andrang herrscht heute nur noch bei den Abi-Battles.
Und doch sind wir noch Stammgäste geworden, auch wenn wir nicht mehr zum Abzappeln an die Kottendorfer Straße gekommen sind. Ohne die urige Atmosphäre in der Cocktailbar des Getaway wäre der „Comedy Punch Club“nicht zu dem Selbstläufer geworden, der er heute ist. Dicht an dicht standen die Bierbänke, deren Sitzflächen eigentlich jedes Mal bis zum letzten Zentimeter belegt waren. Manchmal war der Raum mit der MiniBühne und dem roten Vorhang sogar wegen Überfüllung geschlossen – je nach Bekanntheitsgrad der Stand-Up-Comedians, die hier die Gelegenheit genutzt haben, etwas Neues auszuprobieren. Inzwischen sorgen sie im „Hitzefrei“für Lacher.
Das Getaway wird am 28. Februar 2018 schließen, die Erinnerungen aber werden bleiben.