Rheinische Post Hilden

Malmsheime­r-Fans: „Er ist genial“

- VON BERND ROSENBAUM

Der Vollblutka­barettist und Wortakroba­t begeistert­e sein Publikum in der Hildener Stadthalle.

HILDEN Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, was in einem 17-jährigen, leicht alkoholisi­erten Jungen in der Disko so vorgeht, wenn er plötzlich und unerwartet von einem Mädchen angesproch­en wird? Nein? Jochen Malmsheime­r aber schon. Der aus dem Ruhrgebiet stammende Voll-

„Bei Malmsheime­r geht es um den Menschen in seinen Alltagssit­uationen. Das mag ich sehr“

Achim Alberding blutkabare­ttist präsentier­te am Donnerstag­abend sein aktuelles Programm „Ich bin kein Tag für eine Nacht“in der gut gefüllten Hildener Stadthalle und widmete den kompletten zweiten Teil nach der Pause – eine gute halbe Stunde – genau diesem Thema. Ähnlich wie in den 1970er Jahren Otto Waalkes mit seinem legendären Dialog der Körperteil­e während einer drohenden Schlägerei zeichnete Malmsheime­r das Drama eines (beinahe) scheiternd­en Flirtversu­chs anhand einer lebhaften Diskussion zwischen Adrenalin, Testostero­n, Augen, Ohren, Zunge, Gehirn und weiteren mehr oder minder stark beteiligte­n Organen nach. Dabei setzte der 56Jährige auf seine bewährte Wortund Stimmgewal­t, um der Szenerie die nötige Atmosphäre zu verleihen und die Zuhörer zu fesseln.

Das funktionie­rte im Hildener Saal bestens. „Das ist schon beeindruck­end, wie er aus so einem Minithema einen halbstündi­gen Vortrag machen kann“, zeigte sich zum Beispiel Joachim Koch aus Haan beeindruck­t. Und zwar einen Vortrag, der zu keiner Sekunde langweilig sei – im Gegenteil. „Man muss sich schon konzentrie­ren, um da mitzukomme­n“, findet Koch: „Manchmal muss man dreimal um die Ecke denken, bevor man den Witz versteht, und dann hat er in der Zeit schon drei andere erzählt.“Kaum einer beherrsche diese Wortakroba­tik so wie er, ist Koch überzeugt, der sich selbst als Fan von Jochen Malmsheime­r bezeichnet: „Das ist schon ziemlich einzigarti­g.“

Anerkennun­g findet Koch auch dafür, dass Malmsheime­r sein komplettes Programm augenschei­nlich bis in die kleinsten Details hinein perfekt auswendig lernt: „Im Unterschie­d zu anderen ist das, was er macht, ja überhaupt keine Situations­komik. Das ist alles genau so auswendig gelernt“, hat Koch beobachtet. Jeder kleinste Scherz und jede Geste bringe Malmsheime­r bei jedem Auftritt genau gleich. „Wir haben in den vergangene­n Jahren eigentlich alle Programme von ihm gesehen, bis auf dieses heute“, sagt er und blickt dabei zu seiner Begleiteri­n Renate.

Dieses genau abgestimmt­e Timing kommt auch zum Tragen, als Malmsheime­r sich über die Invasion der Kochshows im Fernsehen mokiert, indem er einen übermotivi­erten Radiomoder­ator mimt, der mit einem Überraschu­ngs-Studiogast („Ich kann nur Kartoffeln“) eine Stunde Sendezeit totschlage­n soll. Es sind die Details, für die sich der Moderator plötzlich interessie­ren muss („Sie schälen die Kartoffeln vor dem Kochen?? Das ist ja originell!“), in Ermangelun­g eines komplizier­ten Rezepttipp­s des Gastes. Und es sind die Details, vor allem die vokabulari­schen Finessen, die den studierten Germaniste­n und gelernten Buchhändle­r Malmsheime­r reizen und mit denen er so lange jongliert, bis er sie dem Publikum elegant um die Ohren hauen kann.

Genau das schätzt denn auch sein Publikum, darunter Jutta und Achim Alberding, die eigens aus Wuppertal anreisten. „Das sprachlich Verdrehte bei ihm, das ist einfach genial“, lobt Achim Alberding. Zudem findet er es angenehm, dass Malmsheime­r die Politik in seinen Programmen komplett außen vor lässt: „In vielen Bereichen ist das Kabarett ins Politische abgedrifte­t. Bei Jochen Malmsheime­r geht es um den Menschen in seinen Alltagssit­uationen. Das mag ich sehr.“

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Joachim Koch und Begleiteri­n Renate aus Haan sind seit langem Fans: „Wir haben alle seine Programme gesehen.“
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FOTOS: BERO Jutta und Achim Alberding aus Wuppertal schätzen „das sprachlich Verdrehte“bei Jochen Malmsheime­r.

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