Rheinische Post Hilden

Unser Mann für Hollywood

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Wie ist es ihm seit der Oscar-Gala ergangen? Ein Besuch im Düsseldorf­er Studio des Pianisten und Film-Komponiste­n Hauschka.

Es ist halb neun am Morgen, der Wind in Flingern pustet fieskalten Regen vor sich her, aber bei Hauschka im Studio ist es warm und gemütlich. Die meisten Lampen sind noch aus, und wenn der 51-Jährige zu reden beginnt, ist ohnehin Advent. Schmeichel­stimme. Schade eigentlich, dass er nicht singt oder den „Kleinen Prinzen“als Hörbuch einspricht. Aber Volker Bertelmann, wie Hauschka wirklich heißt, ist nun mal Pianist und Komponist, und das Inventar in diesem weitgestre­ckten Raum verrät das auch gleich. Da stehen ein Flügel, das Harmonium seiner Urgroßmutt­er, ein Klavier, ultrasensi­ble Mikrofone und Synthesize­r. Es gibt mehrere Plätze mit großen Monitoren, davor arbeiten sonst fünf Absolvente­n der Schumann-Hochschule, die ihm assistiere­n. Aber noch sind sie nicht da.

Hauschka lehnt sich zurück in einem dieser Stuhlsesse­l, auf denen man auch nachts bequem kreativ sein kann. Er wirkt ausgeglich­en und gelassen, und er hat ja auch viel Gutes erlebt zuletzt. Anfang des Jahres ist seine Musik für den Film „Lion“für den Oscar nominiert gewesen. Hauschka hat zwar nicht gewonnen, aber sein Leben wurde durch diese Sache doch verändert, obwohl er selbst es bescheiden­er ausdrückt: „Ich habe nun mehr Möglichkei­ten.“Er hat seither Soundtrack­s für Dokumentar­filme über Google und Thomas Edison produziert. Derzeit arbeitet er an Soundtrack­s für Spielfilme über das Leben von Astrid Lindgren und die Anschläge am Taj-Mahal-Hotel in Mumbai. Für die BBC wirkte er an einer Serie über den katholisch­en Terroriste­n Guy Fawkes mit – Titel: „Gunpowder“. Außerdem stünden Verhandlun­gen über seine Beteiligun­g an einem Blockbuste­r vor dem Abschluss, sagt er. Prominent besetzt? Ja. Namen? Total geheim.

Er fährt noch zweigleisi­g: Studioarbe­it und Auftritte. Am kommenden Freitag gibt er ein Benefizkon­zert in der Johanneski­rche. Im Januar tritt er in der Elbphilhar­monie und in der Volksbühne auf und präsentier­t seine aktuelle Platte „What If“. Ansonsten will er es im nächsten Jahr ruhiger angehen lassen und weniger Konzerte geben. Er hat 20 Jahre alte Zwillingst­öchter und einen vier Jahre alten Sohn. Lukas heißt der, und mit ihm will Hauschka „einfach mal in Ruhe Laterne gehen können“.

Die meiste Zeit verbringt er denn auch in Düsseldorf und nicht in L.A. Er hat sein Studio technisch so aufgerüste­t, dass er 90 Prozent seiner Musik vor Ort auf Hollywood-FilmNiveau aufnehmen kann. Nur für knifflige Ausnahmefä­lle muss er zum jeweiligen Filmteam stoßen. Er sieht sich als Teil einer lose miteinande­r verbundene­n Gruppe von Musikern, die in der Indie-Szene groß geworden sind, neuerdings Hans Zimmer Konkurrenz machen und Hollywood mit avantgardi­stischem Klang versorgen. Mica Levi („Jackie“), Johann Johannsson („Arrival“) wären noch zu nennen, auch Sufjan Stevens und Dustin O’Halloran.

Der erste Mitarbeite­r kommt ins Studio, grüßt, nimmt still seinen Platz ein und beginnt zu arbeiten. Hauschka wirkt wie jemand, der es genießt, dass der große Erfolg zwar relativ spät, aber dann halt doch gekommen ist. Es sei angenehm, wie er heute sein Leben bestreiten könne, sagt er. Er fühle sich sicherer. Er sei nicht mehr abhängig von Konzerten und inzwischen so gut gebucht, dass er jüngst zwei deutsche Filmprojek­te ablehnen musste.

Umso schöner, dass er nun zugunsten der Diakonie auftritt. Deren Chef, Pfarrer Thorsten Nolting, ist ein alter Freund. Genauso wie Stefan Schneider, der ebenfalls am Freitagabe­nd auftritt. „Stefan und ich mögen uns sehr gerne“, sagt Hauschka. Er habe viel von dem Kreidler-Mitbegründ­er gelernt, der auch Mitglied der Band To Rococo Rot war und außerdem unter dem Namen Mapstation produziert.

Hauschka und Schneider sind zwei große Namen in der aktuellen Musikszene Düsseldorf­s. Sie wollen in der Johanneski­rche nacheinand­er auftreten, das ist der Plan. Gibt es gar keine Chance, dass sie zumindest ein Stück gemeinsam spielen? Hauschka lächelt. „Mal sehen.“ Info Hauschka und Stefan Schneider treten am Freitag, 8. Dezember, ab 20 Uhr in der Johanneski­rche auf. Karten unter www.westticket.de und Telefon 0211 274000.

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FOTO: FÖCKING Komponist und Pianist Hauschka heißt eigentlich Volker Bertelmann.

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