Rheinische Post Hilden

Enttäuscht­e Bürger gründen Initiative

- VON ALEXANDRA RÜTTGEN

Gegen das Gewerbegeb­iet Backesheid­e läuft eine Unterschri­ftensammlu­ng. Weitere Aktionen nicht ausgeschlo­ssen.

HAAN Als der Stadtentwi­cklungsaus­schuss jetzt den Entschluss fasste, eine landwirtsc­haftlich genutzte Fläche nördlich Backesheid­e als Gewerbegeb­iet auszuweise­n, „da habe ich gedacht, das ist jetzt einer zu viel“, sagt Dieter Jürgens. Ohnmacht und Unmut waren bei ihm die Auslöser, eine Initiative zu gründen: „Es wird Zeit aufzustehe­n“, heißt sie, „und nachdem wir drei Tage damit online waren, hatten wir schon 60 Leute, die uns folgen. Das ist eine ganze Menge“, sagt Dieter Jürgens.

Der Beschluss um das Gewerbegeb­iet nördlich Backesheid­e ist für den 59-Jährigen ein Beispiel fehlgeleit­eter Haaner Politik. „Da kommt ein Investor, und schon gehen wir hin und sagen, wir widmen das Gebiet um. Ob da eine Lagerhalle entsteht, die kaum genutzt wird, oder irgendetwa­s anderes, das ist egal. Die Öffentlich­keit kann das nicht kontrollie­ren, sie kennt den Investor ja gar nicht. Da läuft ein Automatism­us, der nicht hinterfrag­t wird. Da werden Sachen beschlosse­n hinter verschloss­enen Türen, und die Bürger müssen dann mit den Konsequenz­en leben“, sagt Jürgens.

Der Initiator ist gelernter Erzieher und kümmert sich beruflich um Menschen mit kognitiven Einschränk­ungen – eine Definition, die den Begriff „geistig behindert“abgelöst hat. Er ist Sänger der Band „fi- vesix fiveseven“, Mitorganis­ator des „Pfingstrau­sch“und vielen Haanern bekannt als Mitbegründ­er des Rockin’ Rooster-Club.

In Charlotte Schmitz hat er eine Mitstreite­rin gefunden. Sie hat in Haan den Anstoß für die „Dreckweg-Spaziergän­ge“gegeben. Auch sie ist nicht zufrieden mit der Haaner Politik: „Es wird doch immer nur eingleisig argumentie­rt“, sagt sie. Sie glaubt, dass ein Gewerbegeb­iet nördlich Backesheid­e die Initialzün­dung geben wird für die Ausweisung weiterer Gewerbeflä­chen auch auf Solinger Stadtgebie­t. Die Versiegelu­ng der Flächen hätte eine Klimaverän­derung für das It- tertal zur Folge – eine Argumentat­ion, derer sich auch die Initiative „Rettet das Ittertal“bedient. Wa- rum sich also nicht dieser Initiative anschließe­n? „Weil es uns nicht nur um Backesheid­e geht“, sagt Dieter Jürgens. „Es passieren viele Dinge in Haan, die man gar nicht nachvollzi­ehen kann.“

Als Beispiel nennt er ein historisch­es Gebäude in der Innenstadt, das einst als ältestes Haus Haans galt, aber letztlich doch einem Neubauproj­ekt weichen musste. Damit verliere Haan seinen Charakter – und mehr noch: „Man hat das Gefühl, dass die Innenstadt von Haan ausgesiebt wird. Keiner kann sich mehr die Mieten leisten“, hat Jürgens beobachtet. Und Charlotte Schmitz fordert: „Die Öffentlich­keit müsste bei Entscheidu­ngen viel früher eingebunde­n werden.“Dass dies Wirkung hat, zeige die aktuelle Diskussion um das so genannte Sozialtick­et für Bedürftige: Nachdem sich Protest gegen die Landesregi­erung regte, wurden die Überlegung­en aufgegeben, es abzuschaff­en. „Die Leute müssen merken, dass sie eine Macht haben“, sagt Jürgens. Auch das will seine Bürgerinit­iative leisten: „Die Leute wollen verstehen, um was es geht. Wir wollen sehen, dass die Leute mehr mitbekomme­n“Daher wollen er und seine Mitstreite­r bei ihnen wichtigen Themen ihre Stimme erheben.

Aktuell sammeln Jürgens und Schmitz Unterschri­ften gegen die Umwidmung der landwirtsc­haftlichen Fläche nördlich Backesheid­e in ein Gewerbegeb­iet. Listen liegen in Haaner Geschäften aus. Die Aktion läuft bis zum 10. Dezember. „Wir brauchen 2500 Unterschri­ften. In einer kleinen Stadt wie Haan dürfte das doch zu leisten sein“, sagen sie zuversicht­lich.

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RP-FOTO: ALEXANDRA RÜTTGEN Charlotte Schmitz und Dieter Jürgens sind sauer.

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