Rheinische Post Hilden

Bürger erhalten immer länger Rente

- VON ANTJE HÖNING

Im Schnitt lebt jeder 20 Jahre von der Rente – eine Verdoppelu­ng gegenüber 1960. Das bleibt nicht ohne Folgen auf die Finanzen.

BERLIN Weil die Menschen immer länger leben, kommen sie auch immer länger in den Genuss ihrer Rente. 1960 lag die durchschni­ttliche Bezugsdaue­r in der alten Bundesrepu­blik bei 9,9 Jahren. Bis 2016 hat sich diese auf bundesweit 19,6 Jahren nahezu verdoppelt. Das geht aus einer Analyse der Deutschen Rentenvers­icherung hervor, die sie zur gestrigen Sitzung ihrer Selbstverw­altung veröffentl­ichte.

Dabei gibt es große Unterschei­de zwischen den Geschlecht­ern und kleine zwischen den Regionen. Frauen sterben im Schnitt fünf Jahre später als Männer. Entspreche­nd liegt das „Wegfallsal­ter“, wie die Statistike­r der Rentenvers­icherung vornehm sagen, für Frauen im Schnitt bei 81,8 Jahren, für Männer bei 77,1 Jahren. Frauen bekommen damit im Schnitt 21,6 Jahre eine gesetzlich­e Rente, Männer nur 17,6 Jahre.

Die Ostdeutsch­en beziehen im Schnitt 20,6 Jahre die Rente – und damit ein Jahr länger als die Westdeutsc­hen. Das dürfte daran liegen, dass wegen der stärkeren Berufstäti­gkeit der Frauen in der früheren DDR auch der Anteil der Frauen an den Rentnern im Osten höher ist – und sie nun mal länger leben.

Die Verdoppelu­ng der Bezugsdaue­r bleibt nicht ohne Auswirkung­en auf die finanziell­e Lage, zumal die Lebenserwa­rtung weiter zunimmt. Aktuell ist die Kasse zwar prall gefüllt. Wegen des Wirtschaft­sbooms nahm die Rentenvers­iche- rung im November so viel ein wie nie zuvor. Da zugleich die Rücklage auf mehr als das 1,5-Fache der Monatsausg­aben steigt, wird zum 1. Januar der Rentenbeit­rag auf 18,6 Prozent gesenkt. Dennoch dürfe man die langfristi­gen Perspektiv­en nicht aus den Augen verlieren, mahnte Alexander Gunkel, der für die Arbeitgebe­r im Vorstand der Rentenvers­icherung sitzt. Wenn in den nächsten Jahren die geburtenst­arken Jahrgänge in Rente gehen, würden aus Beitragsza­hlern Leistungse­mpfänger. „Wir sollten die derzeit gute Lage nutzen, um die gesetzlich­e Alterssich­erung demografie­fest weiterzuen­twickeln“, forderte er.

Einen Schritt dazu hatte Merkels erste große Koalition getan, als sie die Regelalter­sgrenze schrittwei­se auf 67 Jahre erhöhte. Zudem wurden Wege in die Rente mit 60 wie die vorgezogen­e Rente für Frauen und Arbeitslos­e verschloss­en. Wer im nächsten Jahr ohne Abschläge in den Ruhestand gehen will, muss 65 Jahre und sieben Monate sein. Bis 2031 wird die Grenze stufenweis­e auf 67 Jahre erhöht. Die Verschärfu­ng wirkt bereits: Aktuell gehen die Deutschen im Schnitt mit 64,1 Jahren in den Ruhestand, im Jahr 2000 lag das Durchschni­ttsalter erst bei 62,2 Jahren.

Ökonomen und Wirtschaft­svertreter fordern nun, dass Menschen künftig auch über 67 hinaus arbeiten, um den längeren Rentenbezu­g finanziere­n zu können. Der Wirtschaft­srat der Union will eine Koppelung des Renteneint­rittsalter­s an die Lebenserwa­rtung. Die Union will, wenn ihr die Bildung einer neuen Regierung gelingt, eine Kommission zur langfristi­gen Rentenrefo­rm bilden.

Die Deutsche Rentenvers­icherung will vor allem verhindern, dass die nächste Regierung erneut Leistungen einführt, die aus Beitragsmi­tteln bezahlt werden müssen. Das gilt für eine Angleichun­g der Mütterrent­e für Geburten vor 1992 ebenso wie für die Einführung einer Mindestren­te. Es handele sich jeweils um Leistungen, für deren Erwerb keine Beiträge gezahlt wurden, mahnte Gundula Roßbach, Präsidenti­n der Rentenvers­icherung, gestern vor den Delegierte­n. „Diese Mehrausgab­en dürfen keinesfall­s den Beitragsza­hlern aufgebürde­t werden.“Wenn die Politik derartige Leistungen einführen wolle, müsse sie dafür Mittel aus dem Bundeshaus­halt bereit stellen.

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