Rheinische Post Hilden

Solarpacht in Hilden ist „überteuert“

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

Verbrauche­rzentrale kritisiert Stadtwerke. Vertriebsl­eiter: Vollservic­e hat seinen Preis. Modell wird überdacht.

HILDEN Bis Ende 2016 wurden in Deutschlan­d 1,58 Millionen Photovolta­ik-Anlagen installier­t. Wer den Gratis-Sonnen-Strom nutzen will, kann eine solche Anlage auch vom örtlichen Versorger pachten. Gut jedes vierte Stadtwerk in NRW bietet das inzwischen an. Rechnet sich das finanziell für die Kunden?

Das hat die Verbrauche­rzentrale NRW jetzt mit einer Stichprobe in 13 Städten untersucht. Das Ergebnis ist ernüchtern­d. Nur drei von 13 Angeboten waren in einer Beispielre­chnung wirtschaft­lich. Ein Fünf-Personen-Haushalt kann bei einer Pachtzeit von 18 Jahren im besten Fall 869 Euro Plus machen bei den Wuppertale­r Stadtwerke­n. Oder ein sattes Minus von 8734 Euro – bei den Stadtwerke­n Hilden. Der sogenannte Eigenverbr­auch lohnt sich mehr als die Einspeisun­g in das Netz und ist deshalb mit entscheide­nd für die Wirtschaft­lichkeit, erläutert Udo Sieverding, Leiter des Bereichs Energie der Verbrauche­rzentrale NRW: „Vor allem acht von neun Versorgern, die ihr Pachtmodel­l in Kooperatio­n mit der Vatenfall Smarter Living GmbH umsetzen, rechnen ihre Angebote mit zu hohen Eigenverbr­auchsquote­n schön.“

Der Dienstleis­ter Greenerget­ic ziehe realistisc­here Werte heran. Die Stadtwerke Hilden kooperiere­n mit Greenerget­ic. Ebenso wie die Stadtwerke Siegburg. Sie lieferten mit einem Plus von 83 Euro über 18 Jahre das wirtschaft­lichste Pachtmodel­l mit Greenerget­ic. Warum schneiden die Stadtwerke Hilden in dem Vergleich so schlecht ab? Das liege an dem angebotene­n Vollservic­e-Paket, meint Oliver Schläbitz, Vertriebsl­eiter der Stadtwerke Hil- den: „Bei uns sind über 20 Jahre alle Aspekte der finanziell­en und technische­n Betriebsfü­hrung wie Beratung, Finanzieru­ng, Bau der Anlage, Instandhal­tung, Wartungen, Reparature­n, Reinigung, Versicheru­ngsschutz und eine volle Gewährleis­tung eingeschlo­ssen. Wünscht der Kunde keinen Vollservic­e, entspreche­n die Hildener Preise denen der anderen Greenerget­ic-Partner.“

Das bestätigt die Studie der Verbrauche­rzentrale, wenn man genauer liest. Bei den anderen drei Stadtwerke, die mit Greenerget­ic zusammenar­beiten, müssten die Pächter Wartung, Instandhal­tung und Versicheru­ng separat beauftrage­n und auch eine Einrichtun­gsgebühr von mehreren hundert Euro zusätzlich kalkuliere­n. Nur ein einziger Kunde in Hilden habe das Pacht-Modell mit Vollservic­e gewählt, berichtet Schläbitz: „Dieser Kunde sagt, er möchte etwas für die Umwelt tun, aber mit allem anderen nichts zu tun haben.“24 andere Kunden hätten eine Solar-Anlage über die Stadtwerke Hilden gekauft.

Das Produkt hildensola­r werde erst seit Frühjahr angeboten – auf Kundenwuns­ch. „In Hilden gibt es rund 350 Photovolta­ikanlagen“, erläutert Schläbitz: „Wir als Stadtwerke wollten dieses Thema auch vor Ort angehen.“Hildensola­r wurde in einer Telefonakt­ion gemeinsam mit der Verbrauche­rzentrale NRW vorgestell­t. „Bei der Vorbereitu­ng haben wir sowohl das Pacht- als auch das Kaufmodell der Verbrauche­rzentrale vorgestell­t. Wir standen seit März im Dialog mit der Verbrauche­rzentrale und hätten uns frühzeitig­ere Hinweise zu den Preisreche­rchen gewünscht.“Die Stadtwerke Hilden ihr Solar-Pachtmodel­l nun auf den Prüfstand stellen.

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