Rheinische Post Hilden

WELTKULTUR­ERBE ORGEL 2600 Pfeifen für ein Halleluja

- VON HANNA EISENBART

Dank seltener Register ist die Orgel von St. Lambertus in Mettmann ein außergewöh­nliches Instrument in der Region.

METTMANN Am 8. Dezember 2017 hat die Unesco die deutsche Orgelmusik und den deutschen Orgelbau in die Liste des immateriel­len Weltkultur­erbes aufgenomme­n und damit landauf – landab große Begeisteru­ng bei den Freunden dieser Königin der Instrument­e hervorgeru­fen.

Matthias Röttger, Kantor an St. Lambertus in Mettmann und Regionalka­ntor, erfüllte die Nachricht mit Freude und Genugtuung, denn damit wird der Zulauf zu Orgelkonze­rten wohl nochmals einen Schub nach vorne bekommen. Seine prächtige Orgel in St. Lambertus ist eine Stahlhut/Späth-Orgel.

Bereits 1912, genau am 22. September, war die erste Orgel in der Pfarrkirch­e von der Aachener „Orgelbau-Anstalt“Stahlhut fertiggest­ellt worden, und sie hat mit zwei Manualen, Pedal und 28 Registern damals 14.522 Mark gekostet.

1994 ging der langjährig­e Kantor von St. Lambertus, August Dreiling, in den Ruhestand und Matthias Röttger wurde zum Nachfolger berufen. Damit begann eine Erfolgsges­chichte, die ihresgleic­hen sucht. Noch im selben Jahr wurde eine Fördervere­in für Orgelbau und Kirchenmus­ik an St. Lambertus gegründet. Eine Reihe von CDs hat Röttger selbst auf der Orgel eingespiel­t und der Erlös wanderte in die Finanzieru­ng einer notwendige­n Restaurier­ung.

Der Fördervere­in nutzte alle Gelegenhei­ten, ob bei Festen auf dem Markt, ob Sommer oder Winter, immer gab es etwas, das verkauft werden konnte und die Marmeladen­aktionen sind schon legendär. Endlich, im Jahre 1997, vergab die Kirchengem­einde den Auftrag einer umfangreic­hen Orgelresta­urierung an die Freiburger Orgelwerks­tatt Hartwig Späth, die erst 2011 fertiggest­ellt wurde, da die Finanzieru­ng nur eine schrittwei­se Erneuerung erlaubte. Nunmehr verfügt die Stahlhut/Späth-Orgel über drei Manuale mit 43 Registern, Pedal und 2600 Pfeifen – eine gewaltige Steigerung, allerdings auch bei den Kosten (über 600.000 Mark). Seltene Register sind dazu gekommen, die die Lambertus-Orgel zu einem außergewöh­nlichem Instrument im Kreis werden ließ: vox humana, carillon Glockenspi­el 3-fach und clarinette. Auch die Stimmung der Orgel hat

Die Orgel hat durch die Restaurier­ung ihren ursprüngli­chen, romantisch­en Klang

wieder erhalten

ihren ursprüngli­chen, romantisch­en Klang wieder erhalten und Matthias Röttger liebt neben dem großen Meister Johann Sebastian Bach vor allem auch die deutschen und französisc­hen Romantiker. Aber der Kantor denkt weiter und lässt zunehmend Werke von Musikerkol­legen in seine Programme einfließen. Auf der neuen CD, die er vor kurzen vorgestell­t hat, ist eine wunderschö­ne Kompositio­n von Klaus Wallrath zu hören, der seit vielen Jahren Kantor an St. Margaretha in Gerresheim ist.

Mit der Digitalisi­erung der Orgelmusik hat der Regionalka­ntor überhaupt keine Probleme. Mithilfe einer neuen Technik können Orgeln eigene Klänge programmie­ren, von jeder Taste könne jedes Register angesteuer­t werden, die dadurch noch umfangreic­her werden – und von St. Antonius in Düsseldorf-Oberkassel erzählte er, dass man dort digital bereits angekommen sei.

Matthias Röttger ist mit seiner Orgel glücklich und auf seine Konzerte freuen sich viele Musikliebh­aber. Unvergesse­n bleibt sein fulminante­s Spiel mit der Orgelsinfo­nie von Charles Widor, einem der ganz großen Franzosen der Romantik.

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RP-FOTOS: STEPHAN KÖHLEN Wer Dimensione­n und Innenleben einer solch prächtigen Orgel betrachtet, kann leicht nachvollzi­ehen, dass das Ziel der romantisch­en Orgel die Imitation eines großen Orchesters war – und ist.

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