Krimi-Parodie statt Krimi
„Bei der nächsten Anhörung in fünf Jahren sieht alles schon ganz anders aus! Außerdem hab ich beschlossen, ihre Therapie um eine kleine Gehirnoperation zu erweitern. Wenn die gelingt, fühlen Sie sich danach wie ein neuer Mensch.“Gobi: „Und wenn nicht?“Eisler: „Naja, dann auch, in gewisser Weise.“
Auf diesen angekündigt arg saloppen Umgang mit seinem Hirn folgt ein Ausraster von Gobi, dem Würger von Weimar – der aber vielleicht gar nicht auf seine Kappe geht, sondern auf die eines „Trittbrett-Würgers“.
Über ihre dahingemeuchelte Kollegin jedenfalls spricht eine Pflegerin erschüttert: „Jeder hat sie ge- mocht. Jeder! Sie hatte für jeden Patienten ein Lächeln auf den Lippen. Und sie hat sich um rumänische Straßenhunde gekümmert. Und sie hat gebacken – Mohnschnecken.“
Gobis Verlobte indes, von Beruf Harfenspielerin, nervt die Ermittler derart, dass Lessing (Christian Ulmen) seine Partnerin Kira Dorn (Nora Tschirner) fragt: „Erschießt du sie oder soll ich?“
Polizeigewalt und Psychopharmaka-Skandale, Missstände in der Psychiatrie und Mord an alten, bettlägerigen Frauen – hier ist nichts heilig, alles gerät zur Gag-Vorlage. Katharsis durch Blödelei, das ist der Kern des Weimar-„Tatorts“.
Am Ende gesteht eine Figur einen Mord mit den Worten: „Ja, gut, ich war’s . . . – aber ich hatte gestern auch einen verdammt schweren Tag.“Am Ende dieses Jahres mit diversen schweren Tagen hat man als Zuschauer die Wahl. Man kann wüten über „Der wüste Gobi“, der ein Anti-„Tatort“ist, als Krimi mittelgut und nicht das beste Werk aus Weimar. Oder man lässt den Fernseher aus. Besser ist: Einschalten, nichts erwarten – und sich nachher sagen können: Besser unter Niveau amüsiert als über Niveau gelangweilt.
Im etwas anderen Weimar-„Tatort“ärgert Jürgen Vogel als Geisteskranker Christian Ulmen und Nora Tschirner.
„Tatort – Der wüste Gobi“, Das Erste, So., 20.15 Uhr