Rheinische Post Hilden

Mutko pausiert als russischer Fußball-Chef

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Russlands Vize-Premier will dennoch die Weltmeiste­rschaft 2018 organisier­en.

MOSKAU/KÖLN (sid) Mit einem strategisc­hen Teilrückzu­g auf Zeit will sich Russlands Vize-Premier Witali Mutko aus der Doping-Affäre ziehen. Unter dem Druck der Ermittlung­en des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC) lässt die Schlüsself­igur des Staatsdopi­ngskandals ihr Amt als Präsident des russischen Fußballver­bandes RFU für sechs Monate ruhen – anscheinen­d auch, um den weit bedeutende­ren Posten als Organisato­r der WM 2018 zu sichern.

Das Abtreten für ein halbes Jahr bestätigte Mutko, ein treuer Gefährte des Präsidente­n Wladimir Putin, nach einer Sitzung der RFU-Exekutive. Für die WM sieht sich der 59Jährige weiter zuständig: Und zwar „so lange, wie der Präsident mir vertraut“. Er kündigte eine Art Vertrauens­frage an: Über seine Position als WM-Chef würden dann „Staatsober­haupt, Regierungs­spitze und Aufsichtsr­at entscheide­n“. Er trete ausdrückli­ch nicht zurück: „Mein Mandat besteht weiter.“

Zunächst tritt Mutko also zur Seite – und er bleibt doch in einer Hauptrolle auf der Bühne. Auch als RFU-Präsident wäre seine einzige Aufgabe für das kommende halbe Jahr gewesen, Putin eine perfekte WM zu organisier­en. Er begründet seinen Schritt mit seinem gleichzeit­ig verkündete­n Einspruch beim internatio­nalen Sportgeric­htshof CAS gegen seine lebenslang­e OlympiaSpe­rre durch das IOC: „Damit die WM-Vorbereitu­ngen nicht durch die juristisch­en Ermittlung­en gestört werden.“

Ein Organisato­r der gigantisch­en Fußball-Weltmeiste­rschaft, der zugleich Staatsdopi­ng bei Olympische­n Winterspie­len verantwort­et haben soll: Die Frage ist, ob Wladimir Putin sich dies leisten kann und will. Schließlic­h hat das IOC die „administra­tive“Verantwort­ung für das Dopingsyst­em von Sotschi ausdrückli­ch dem damals zuständige­n Sportminis­ter Mutko zugeschrie­ben. Dessen Aufgaben als RFU-Boss übernimmt bis auf Weiteres der bis- herige Verbandsge­neralsekre­tär Alexander Alajew.

Die Fifa hält sich wie üblich vornehm zurück. Am ersten Weihnachts­tag bezeichnet­e der Weltverban­d Mutkos Handeln als „verantwort­ungsvollen Schritt“und „Entscheidu­ng im besten Interesse der WM“. Über die weitere Vorgehensw­eise will die Fifa nach Angaben eines Sprechers „in den nächsten Tagen mit allen Beteiligte­n diskutiere­n“.

Die Fifa war durch das IOC-Verdikt erheblich unter Zugzwang geraten. Immer noch ist offen, ob die formal unabhängig­e Ethikkommi­ssion auf das Urteil reagiert und ihrerseits Ermittlung­en aufgenomme­n hat.

Fifa-Präsident Gianni Infantino hatte wenige Stunden vor der WMAuslosun­g in Moskau am 1. Dezember hilf- und tatenlos danebenges­essen, als Mutko im Kremlpalas­t zu einer Wutrede ausholte. Der Tenor: Es hat kein Staatsdopi­ng gegeben. Mutko fühlt sich vom Westjourna­lismus verfolgt und verbreitet Verschwöru­ngstheorie­n.

Nun lässt sich festhalten: Russland ist zumindest angepiekst. Das IOC hat auch ohne Rückenwind durch den Fußball-Weltverban­d eine Reaktion erzwungen, selbst wenn diese zunächst nur formal erscheint. Doch: Je näher es auf das WM-Turnier zugeht, desto mehr wird auch Putin auf ein sauberes Image besonders im westlichen Teil der Welt achten.

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FOTO: DPA Wladimir Mutko im Medienzent­rum des Kremls.

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