Rheinische Post Hilden

Luis aus Mexiko liebt Fußball und Bratwurst

- VON DANIELE FUNKE

Seit vier Monaten lebt der 16-Jährige in Deutschlan­d, derzeit in einer Gastfamili­e in Haan.

HAAN Im Café König ist es warm und gemütlich, es riecht nach Kaffee, Musik läuft im Hintergrun­d. Draußen aber nieselt es, alles ist grau, Schmuddelw­etter. Luis, der junge Mexikaner, schaut ein wenig frustriert zum Fenster hinaus, beobachtet die Menschen, die an der Haltestell­e auf den Bus warten. Sie scheinen zu frieren, ziehen sich den Jackenkrag­en hoch ins Gesicht, öffnen ihren Regenschir­m.

„Nein, nein, es ist nicht das schlechte Wetter hier in Deutschlan­d, was ich nicht mag“, sagt der 16-Jährige leise, als wolle er sich im Vorfeld erklären für den in sich gekehrten Eindruck, den er vermittelt. „Es ist viel mehr die Abgeklärth­eit der Menschen hier, die mangelnde Herzenswär­me. Bei uns in Mexiko wird so viel gelacht, man wird fröhlich begrüßt, umarmt, jeder ist willkommen.“Luis ist seit mehreren Monaten in Deutschlan­d. Nach den ersten drei Orientieru­ngswochen konnte er schließlic­h in seine Gastfamili­e nach Haan ziehen. „Ich lebe dort mit zwei gleichaltr­igen Jungen und deren Eltern zusammen und besuche das Haaner Gymnasium“, erzählt der Junge einer jungen Betreuerin von YFU – der Organisati­on, über die sein Austauschj­ahr organisier­t wurde.

Die 24-jährige Luisa war selbst Teilnehmer­in, hat eine Zeit in den USA verbracht. „Ich habe so unendlich viel gelernt durch dieses Jahr, es hat mich reifen lassen, ich habe tolle Menschen getroffen, daher unterstütz­e ich ehrenamtli­ch die YFU, indem ich eben Austauschs­chülern hier in Deutschlan­d zur Seite stehe.“Es sei sehr schwer am Anfang gewesen in Haan, beschreibt Luis die ersten Wochen, abwechseln­d in Englisch und Spanisch. „Kontakt zu Deutschen zu bekommen, war schon schwierig, sie tun sich irgendwie schwer damit. Jetzt habe ich ein bis zwei gute Freunde gefunden, aber nun muss ich ja Haan auch schon wieder verlassen.“

Von Beginn an war klar: Die Haaner Gastfamili­e kann Luis nur für eine begrenzte Zeit aufnehmen. Trotz intensiver Suche konnte keine andere Unterkunft für den sympathisc­hen Latino in der Gartenstad­t gefunden werden. „Ich ziehe jetzt zum Jahreswech­sel in eine Familie nach Nürnberg“, erzählt Luis und macht nicht den Anschein, als sei der erneute Wohnortwec­hsel ein Problem für ihn. „Ich will viel von Deutschlan­d sehen und viele Eindrücke sammeln, daher ist das für mich in Ordnung.“

Überhaupt – Luis wirkt für sein Alter sehr abgeklärt, rational, zielorient­iert. „Ich habe mir Deutschlan­d bewusst ausgesucht“, erzählt er und lehnt sich auf seinem Stuhl zurück. „Ich finde Deutsch sehr interessan­t als Sprache, und mein Bruder war auch als Austauschs­chüler hier. In Ludenschei­d – heißt das so?“Was Luis an Deutschlan­d gefällt, überrascht nicht wirklich: Bratwurst („sowas gibt es bei uns nicht“) und natürlich der Fußball. „Hummels, den finde ich ganz toll“, schwärmt Luis und lächelt. „Ich spiele hier auch in einer Mannschaft, das macht richtig Spaß. In Nürnberg werde ich mir wieder einen Verein suchen.“

YFU sucht dringend Gastfamili­en für südamerika­nische Jugendlich­e, die Anfang 2018 nach Deutschlan­d kommen. Informatio­nen unter www.yfu.de.

 ?? RP-FOTO: STASCHIK ?? Luis lehnt gegen die „Kladderwie­wer“des Künstlers Kurt Jorzyk.
RP-FOTO: STASCHIK Luis lehnt gegen die „Kladderwie­wer“des Künstlers Kurt Jorzyk.

Newspapers in German

Newspapers from Germany