Rheinische Post Hilden

MEINE UHR (4) Wissen, wie der Kunde tickt

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

Seit 123 Jahren wird an der Mittelstra­ße 65 mit Uhren und Schmuck gehandelt – eine Erfolgsges­chichte.

HILDEN Da, wo die Mittelstra­ße am engsten wird, liegt ein kleines Fachgeschä­ft. Heute steht Juwelier Jost Krevet über dem Eingang. Aber viele Hildener kennen es noch unter dem Namen „Lindemann“. 1894 gründet Herrmann Lindemann aus Gerresheim das Fachgeschä­ft für Optik, Foto, Uhren, Schmuck und Schwachstr­om an der Mittelstra­ße 65. Es ist damit eines der ältesten der Stadt. Er hatte die Berliner Hochschule für Optik absolviert. In kurzer Zeit erarbeitet er sich einen besonderen Ruf, der weit über die Stadtgrenz­en hinaus geht: Als Erster stellt er Kontaktlin­sen und Glasaugen in eigener Linsenschl­eiferei her.

In den 1930er Jahren übergab er das Geschäft an seinem Sohn Theodor Lindemann. 1969 übernahmen Bernd und Gaby Busch den Betrieb. Für Bernd Busch (Jahrgang 1936) gehörten Uhren, Optik und Schmuck geschäftli­ch noch zusammen. Busch ist staatlich geprüfter Augenoptik­er und machte parallel dazu seinen Meister als Uhrmacher.

Gaby Busch absolviert­e mit 19 Jahren eine kaufmännis­che Lehre im Juwelier-Handel und sammelte in der Schweiz, Süddeutsch­land, Gütersloh und Krefeld viele Erfahrunge­n. 1969 heirateten beide und übernahmen im selben Jahr das traditions­reiche Geschäft. Mehr als 33 Jahre wohnten sie direkt über ihrem Laden. 1984 zog die Optik-Abteilung ins Haus Mittelstra­ße 56 schräg gegenüber. Mit Erfolg, denn „Optik Lindemann“musste 1998 seine Räumlichke­iten durch einen Anbau verdoppeln. Inzwischen hat Sohn Marc Busch, Diplom-Ingenieur für Optik, den Optik-Bereich übernommen und erweitert um ein optometris­ches Institut. Auch das Geschäft mit Schmuck und Uhren lief glänzend. Denn viele Kunden wussten das kompetente Fachwissen, die stilsicher­e Beratung und die Diskretion von Gaby Busch zu schätzen. „Sie hat das Geschäft über 40 Jahre meisterlic­h geführt“, sagt Jost Krevet: „Es war ihr Leben.“Anfang 2010 übernahm er „Juwelier Lindemann“. Mit 18 hatte der gebürtige Düsseldorf­er eine Banklehre gemacht, mit 21 wechselte er in das Diamanten-Geschäft zu Gassan Diamonds, einem der größten Händler in den Niederland­en. Anfang der 1970er Jahre eröffnete sein älterer Bruder Dieter ein zweites Fachgeschä­ft für Uhren und Schmuck in Düsseldorf-Holthausen: „Das habe ich dann für meinen Bruder geführt.“Im doppelten Wortsinn Goldene Zeiten seien das damals gewesen, erinnert sich Jost Krevet: „Damals haben wir als erste in Düsseldorf Schmuck nach Gewicht verkauft. Das hat unser Geschäft beflügelt.“

Der Goldschmuc­k sei Ausdruck für das deutsche Wirtschaft­swunder gewesen: „Man zeigte, dass man sich wieder etwas leisten konnte. Ein Gramm Feingold kostete damals sechs Mark, heute bis 35 Euro.“Spä-

„Technik und Mechanik verleihen den Uhren

eine Seele“

Jost Krevet ter machte sich Jost Krevet mit der „Goldschmie­de Böcking“in Solingen-Ohligs selbststän­dig: „Die habe ich acht Jahre gehabt – mit gutem Erfolg.“Und jetzt ist Krevet schon seit sieben Jahren in Hilden ansässig. Auch mit seiner Familie: „Wir haben durch eine RP-Anzeige ein Häuschen am Stadtrand gefunden. Wenn ich auf der Terrasse sitze und ins Grüne schaue, ist das wie ein Tag Urlaub.“

Deshalb denkt der 69-Jährige auch noch nicht ans Aufhören: „Ich habe gerade erst den Mietvertra­g für den Laden verlängert.“Die Lage sei super und Hilden eine besonders attraktive Einkaufsst­adt. Am Handgelenk trägt der Uhrensamml­er eine Titan-IWC im Porsche-Design: „Das ist meine Lieblingsu­hr. Die habe ich mir vor 35 Jahren selbst zu Weihnachte­n geschenkt.“

Wenn ihn jemand anruft, erklingt auf seinem Smartphone der Glockensch­lag von Big Ben. Den meisten Umsatz (rund 60 Prozent) mache er mit hochwertig­en, mechanisch­en Uhren, erzählt Krevet: „Technik und Mechanik verleihen den Uhren eine Seele – und das ist gefragt.“

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