Gymnasien planen schon für G9
Nur zwei der knapp 150 Schulleiter in der Region geben an, dass sie sich ein Festhalten am „Turbo-Abi“vorstellen können. Eltern und Lehrer wünschen sich wieder mehr Zeit zum Üben und Vertiefen.
DÜSSELDORF Das achtjährige Gymnasium (G8) hat in unserer Region keine Zukunft mehr. Die überwältigende Mehrheit der Schulen will zum neunjährigen Modell (G9) zurückkehren. Das zeigt eine Umfrage unter den knapp 150 Gymnasien der Region. 67 der 71 Schulleiter, die antworteten, gehen davon aus, dass ihre Schule zum G9-System zurückkehrt; 17 weitere Gymnasien hatten sich bereits zuvor für G9 ausgesprochen. Für die 24 Gymnasien in Düsseldorf will die Stadt eine einheitliche Rückkehr zu G9 erreichen. Den Verbleib bei G8 können sich in der Region nur zwei Schulleiter vorstellen; zwei Direktoren, die antworteten, wollten keine Prognose wagen. Ähnliche Mehrheiten ergaben Probeabstimmungen der Direktoren in den Regierungsbezirken.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung aus CDU und FDP sieht die prinzipielle Rückkehr zum neunjährigen Bildungsgang ab 2019 vor; dann sollen die Klassen 5 und 6 auf G9 umgestellt werden. Schulen, die bei G8 bleiben wollen, benötigen eine Mehrheit aus zwei Dritteln plus einer Stimme in der Schulkonferenz, die zu gleichen Teilen aus Lehrern, Eltern und Schülern besteht.
Die meisten Schulleiter begründen ihre Antwort mit eindeutigen Meinungsbildern – breite Mehrheiten für G8 halten viele für unwahrscheinlich oder ausgeschlossen. Ein weiterer Grund ist für viele die Gelegenheit zur Vertiefung und Festigung des Gelernten in G9.
„Es gibt nur wenige Lehrkräfte, die meinen, dass durch eine Entscheidung für G8 der Niveauverlust am Gymnasium zu stoppen wäre“, sagte etwa Marko Voigt, Leiter des Humboldt-Gymnasiums in Solingen. Seine Kollegin Heike Hoßbach vom Städtischen Gymnasium Straelen betonte: „Ein ,entschleunigter’ Bildungsgang schafft Raum und Zeit, wichtige Bildungsfelder neu und mit Qualität zu erschließen.“Mehr Zeit zum Üben und Wiederholen erhoffe man sich etwa in Mathematik, Naturwissenschaften und Fremdsprachen. „Die Lehrkräfte freuen sich auf den Wiedereinzug einer reiferen Jahrgangsstufe 13, die Chance zur Stärkung außerunterrichtlichen En- gagements und die Entschlackung der Lehrpläne“, sagte Christoph Hopp vom Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium in Viersen.
Die meisten Schulen, deren Leiter eine Rückkehr zu G9 erwarten, bereiten diesen Schritt bereits vor – mit Beratungen, teils auch Beschlüssen in der Schulkonferenz. Häufig sind auch schon die Eltern über die den Stand der Gesetzgebung informiert worden. Verbindliche Entscheidungen sind erst mög- lich, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist – voraussichtlich im Sommer.
Vorteile sowohl von G8 als auch von G9 sieht Detlef Wöstefeld vom Duisburger Kopernikus-Gymnasium; bei Lehrern, Schülern und Eltern wechsle „die Einschätzung von Woche zu Woche“. Deutliche Sympathien für G8 hegt Udo Kotthaus vom evangelischen BonhoefferGymnasium in Hilden: „Ich glaube nicht, dass wir zu G9 zurückkehren werden – es ist aber möglich.“Keinesfalls aber werde man „die Fünftklässler, die 2018 starten, 2019 nachträglich ,umtopfen’“. Weil das Gesetz nur für öffentliche Schulen gelten soll, brauchen kirchliche Gymnasien keine Zweidrittelmehrheit für G8.
Angesichts des klaren Meinungsbilds fordert ein Bündnis aus Lehrern, Eltern und Kommunen inzwischen die flächendeckende Rückkehr zu G9. Ministerin Yvonne Gebauer (FDP) bekräftigte, sie erwarte, dass mehr als 90 Prozent der Gymnasien für G9 votieren. Auch ohne Gesetz wüssten „die meisten Schulen schon recht genau, ob sie zurückkehren wollen oder nicht“.