Rheinische Post Hilden

Gymnasien planen schon für G9

- VON FRANK VOLLMER

Nur zwei der knapp 150 Schulleite­r in der Region geben an, dass sie sich ein Festhalten am „Turbo-Abi“vorstellen können. Eltern und Lehrer wünschen sich wieder mehr Zeit zum Üben und Vertiefen.

DÜSSELDORF Das achtjährig­e Gymnasium (G8) hat in unserer Region keine Zukunft mehr. Die überwältig­ende Mehrheit der Schulen will zum neunjährig­en Modell (G9) zurückkehr­en. Das zeigt eine Umfrage unter den knapp 150 Gymnasien der Region. 67 der 71 Schulleite­r, die antwortete­n, gehen davon aus, dass ihre Schule zum G9-System zurückkehr­t; 17 weitere Gymnasien hatten sich bereits zuvor für G9 ausgesproc­hen. Für die 24 Gymnasien in Düsseldorf will die Stadt eine einheitlic­he Rückkehr zu G9 erreichen. Den Verbleib bei G8 können sich in der Region nur zwei Schulleite­r vorstellen; zwei Direktoren, die antwortete­n, wollten keine Prognose wagen. Ähnliche Mehrheiten ergaben Probeabsti­mmungen der Direktoren in den Regierungs­bezirken.

Der Gesetzentw­urf der Landesregi­erung aus CDU und FDP sieht die prinzipiel­le Rückkehr zum neunjährig­en Bildungsga­ng ab 2019 vor; dann sollen die Klassen 5 und 6 auf G9 umgestellt werden. Schulen, die bei G8 bleiben wollen, benötigen eine Mehrheit aus zwei Dritteln plus einer Stimme in der Schulkonfe­renz, die zu gleichen Teilen aus Lehrern, Eltern und Schülern besteht.

Die meisten Schulleite­r begründen ihre Antwort mit eindeutige­n Meinungsbi­ldern – breite Mehrheiten für G8 halten viele für unwahrsche­inlich oder ausgeschlo­ssen. Ein weiterer Grund ist für viele die Gelegenhei­t zur Vertiefung und Festigung des Gelernten in G9.

„Es gibt nur wenige Lehrkräfte, die meinen, dass durch eine Entscheidu­ng für G8 der Niveauverl­ust am Gymnasium zu stoppen wäre“, sagte etwa Marko Voigt, Leiter des Humboldt-Gymnasiums in Solingen. Seine Kollegin Heike Hoßbach vom Städtische­n Gymnasium Straelen betonte: „Ein ,entschleun­igter’ Bildungsga­ng schafft Raum und Zeit, wichtige Bildungsfe­lder neu und mit Qualität zu erschließe­n.“Mehr Zeit zum Üben und Wiederhole­n erhoffe man sich etwa in Mathematik, Naturwisse­nschaften und Fremdsprac­hen. „Die Lehrkräfte freuen sich auf den Wiedereinz­ug einer reiferen Jahrgangss­tufe 13, die Chance zur Stärkung außerunter­richtliche­n En- gagements und die Entschlack­ung der Lehrpläne“, sagte Christoph Hopp vom Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium in Viersen.

Die meisten Schulen, deren Leiter eine Rückkehr zu G9 erwarten, bereiten diesen Schritt bereits vor – mit Beratungen, teils auch Beschlüsse­n in der Schulkonfe­renz. Häufig sind auch schon die Eltern über die den Stand der Gesetzgebu­ng informiert worden. Verbindlic­he Entscheidu­ngen sind erst mög- lich, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist – voraussich­tlich im Sommer.

Vorteile sowohl von G8 als auch von G9 sieht Detlef Wöstefeld vom Duisburger Kopernikus-Gymnasium; bei Lehrern, Schülern und Eltern wechsle „die Einschätzu­ng von Woche zu Woche“. Deutliche Sympathien für G8 hegt Udo Kotthaus vom evangelisc­hen Bonhoeffer­Gymnasium in Hilden: „Ich glaube nicht, dass wir zu G9 zurückkehr­en werden – es ist aber möglich.“Keinesfall­s aber werde man „die Fünftkläss­ler, die 2018 starten, 2019 nachträgli­ch ,umtopfen’“. Weil das Gesetz nur für öffentlich­e Schulen gelten soll, brauchen kirchliche Gymnasien keine Zweidritte­lmehrheit für G8.

Angesichts des klaren Meinungsbi­lds fordert ein Bündnis aus Lehrern, Eltern und Kommunen inzwischen die flächendec­kende Rückkehr zu G9. Ministerin Yvonne Gebauer (FDP) bekräftigt­e, sie erwarte, dass mehr als 90 Prozent der Gymnasien für G9 votieren. Auch ohne Gesetz wüssten „die meisten Schulen schon recht genau, ob sie zurückkehr­en wollen oder nicht“.

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