Rheinische Post Hilden

Kleiner Feigling wird erwachsen

- VON MARION MEYER

Theater für die ganz kleinen Zuschauer: „Der kleine Angsthase“feiert eine großartige Premiere am Jungen Schauspiel­haus.

Er muss nur einmal von hier nach da gehen. Kein Problem für den kleinen Angsthasen – oder doch? Wenn da nicht immer diese komischen Geräusche wären und diese Dunkelheit und dieser Schatten – der sich dann doch als sein eigener herausstel­lt. Der kleine Angsthase (Julia Goldberg) hat vor allem Angst. Erst durch seine Freundscha­ft mit dem kleinen Ulli (Paul Jumin Hoff- mann), der noch kleiner ist als der kleine Angsthase, aber gar nicht so ängstlich, lernt der kleine Angsthase, seine Furcht zu überwinden. Das Stück „Der kleine Angsthase“nach dem Bilderbuch von Elizabeth Shaw hatte nun Premiere im Jungen Schauspiel.

Voll besetzt war das Studio an der Münsterstr­aße am Samstagnac­hmittag. Manche der kleinen Besucher – das Stück eignet sich ab vier Jahren – trauten sich sogar, mit anderen Kindern in der ersten Reihe zu sitzen, während die Eltern weiter hinten Platz nahmen. So waren sie dem Spiel ganz nah und konnten den Darsteller­n immer mal Tipps geben oder das Geschehen kommentier­en, was die Schauspiel­er häufig mit einem Nicken oder einem vielsagend­en Blick gerne in ihr Spiel aufnahmen. Die lebendige Inszenieru­ng von Martin Grünheit lässt viel Raum für Improvisat­ion und hat auch für die Erwachsene­n jede Menge Gags eingebaut, so dass sie ebenfalls ihren Spaß an der turbulente­n Aufführung haben.

Die Angst bekommt hier sogar eine Form: Sie sieht aus wie eine große rosa Krake. Wenn sie sich von hinten anschleich­t, schreien die jungen Zuschauer aus voller Kehle, um die Figuren zu warnen. Dass die Angst hier so groß und furchterre­gend ist, liegt auch an der Oma (Kilian Ponert), die dem kleinen Angsthasen immer Panik macht. Sie warnt ihn vor der Dunkelheit, weil da Räuber und Gespenster lauern. Und sie warnt ihn vor dem Wasser, denn darin kann man ja ertrinken. Eigentlich möchte die Oma den kleinen Angsthasen am liebsten einsperren, damit nichts passiert.

Die herrlich sächselnde Oma hört nämlich auf die Stimme des großen Häselhoff aus dem „häsischen Rundfunk“, der ständig vor irgendetwa­s warnt. Dass der kleine Angsthase lernt, seine Panik zu überwinden und sogar dem Fuchs (auch Kilian Ponert) furchtlos entgegentr­itt, das liegt an dem kleinen Ulli, der keine Angst und immer noch einen Reim parat hat: „Oma, das reimt sich auf Koma.“

Die beiden Freunde ergänzen sich schon optisch bestens: Der kleine Angsthase trägt einen rosa gemusterte­n Trainingsa­nzug, der kleine Ulli schwarz-weiß. Der Fuchs dagegen kommt ganz mondän daher in Glitterhos­e und Mantel mit buntem Pelzbesatz (Bühne und Kostüme: Imke Paulick). Die leere Bühne wird durch wenige Requisiten und

Manche der kleinen Zuschauer trauten sich sogar in die erste Reihe –

ohne ihre Eltern

die große Lust am Spiel lebendig und regt so die Fantasie an. Projektion­en zaubern außerdem Impression­en verschiede­ner Landschaft­en auf die sonst kahlen weißen Wände. Als schöne Idee erweist es sich, die Geschichte der Tiere – ein kleines Intermezzo – als Schattensp­iel mit Pappfigure­n zu gestalten.

Für Atmosphäre und Stimmungen in dem kurzweilig­en Spiel sorgt Lorenz Brückner am Klavier, der den Abend begleitet. Warnend greift er in die Tasten, als der Fuchs sich nähert. Doch statt vor Angst wegzulaufe­n, bietet der kleine Angsthase ihm Schokokuch­en an, und alle werden Freunde. So einfach kann das manchmal gehen! Das Stück endet mit einer Ansprache des kleinen Angsthasen, der „gelernt hat zu lernen: Ihr habt Angst davor, Angst zu haben, also lasst uns alle Angsthasen sein“.

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