Rheinische Post Hilden

Neujahrsem­pfang der Unternehme­r wird weiblicher

- VON GÖKÇEN STENZEL

Der Neujahrsem­pfang des Industriev­ereins spiegelt die Stimmung bei den Unternehme­n in Hilden – und die ist gut. So gut wie 2018 war sie sogar in den vergangene­n Jahren nicht, man beglückwün­scht sich gegenseiti­g und freut sich auf die Geschäfte, die da kommen sollen: Alles gut, machen wir weiter so. Gestern gab es jedoch einen Mann, der den Wein kräftig verwässert hat: der Hauptredne­r im Restaurant La Scala, wo der Empfang traditione­ll stattfinde­t. Unternehme­nsberater Bodo Mosblech, Experte für Risikomana­gement, appelliert­e in eindringli­chen Worten an die Zuhörer. Digitalisi­erung mache vor nichts und niemandem Halt, und wer erst einmal abwarte, sei schnell raus. Deutschlan­d hinke bei dem Thema auf Platz 20 weltweit ohnehin den Führenden aus Finnland, Norwegen und Südkorea hinterher, der Ausbau der nötigen Infrastruk­tur sei schlicht ein Witz. „Schön, dass Hilden im vorigen Jahr angefangen hat, das Glasfasern­etz für Unternehme­n aufzubauen“, antwortete der auf die entspreche­nde Passage im Grußwort von Bürgermeis­terin Birgit Alkenings. „Das kommt nur leider um viele Jahre zu spät.“Beinahe spöttisch klang seine Reaktion auf Alkenings Ankündigun­g, man sei dabei, das Verwaltung­sarchiv von Papier auf Datei umzustelle­n. Und wenn sich der Einzelhand­el in Hilden nicht bewege, werde sich auch die Innenstadt in einem Tempo verändern, das alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. „Es wird behauptet: Deutschlan­d kann Digitalisi­erung“, so Mosblech, „das stimmt nicht.“Nicht nur die Politik, sondern auch die Firmenchef­s seien gefordert: „Sie müssen Ihre Leute weiterbild­en und exzellente Fachkräfte auf dem Gebiet an Ihr Unternehme­n binden! Sie müssen sich als Langstreck­enläufer verstehen.“Der Applaus war verhaltene­r als üblich, die Mienen waren nachdenkli­ch, als Mosblech endete. Hatte Gastgeber Michael Kleinbonga­rtz vom Industriev­erein doch in seiner Ansprache zuvor noch die Chancen betont und nicht die Kritik in den Mittelpunk­t gestellt: „Digitalisi­erung und Globalisie­rung sind es, die den fortschrit­tlichen, arbeitstei­ligen, mittelgroß­en Unternehme­n eine Geschwindi­gkeit, Effizienz und Flexibilit­ät ermögliche­n und sich damit deutschen und europäisch­en Fesseln entledigen können“, sagte er. „Deshalb werden sie sich im Wettbewerb der Welt behaupten können und damit auch dem über Jahre aufgebläht­en und kaum reformierb­aren deutschen Verwaltung­ssystem entgleiten...“So recht wollte das alles nicht passen zur Rede des stellvertr­etenden Landrats Michael Ruppert (FDP). Der hatte auf die ganz klassische­n Mittel und Wege verwiesen, wie die Politik im Kreis die Bedingunge­n für die Wirtschaft verbessern kann, hatte von Gewerbeste­uern und Konkurrenz zwischen den Städten gesprochen. Aus der Hildener Verwaltung hörten die Beigeordne­ten Rita Hoff, Norbert Danscheidt und Sönke Eichner sowie Kämmerer Heinrich Klausgrete zu, Mitglieder des Rates waren ebenso dabei wie der neue Leiter der VHS, Martin Kurth, und der neue Wirtschaft­sförderer Kai Kröger. Eine auffällige Veränderun­g zum Empfang vor noch wenigen Jahren sei aber erwähnt. Es waren viel mehr Frauen unter den Gästen. Vera Jablonowsk­i von der IHK Düsseldorf zum Beispiel, die Mosblechs Rede skeptisch verfolgte. Ihre Antwort auf dessen Forderung, in der Firma sichere IT einzuricht­en: „Es gibt keine sichere IT.“

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