Rheinische Post Hilden

Langenfeld­er Pfeifen ertönen jetzt in Ungarn

- VON MARTIN MÖNIKES

Am Montag wird es ein Jahr her sein, dass die Orgel der Johanneski­rche zum letzten Mal in Langenfeld erklang. Doch sie hat ein zweites Leben, 1500 Kilometer entfernt.

LANGENFELD In Langenfeld erklang die Weyland-Pfeifenorg­el vor knapp einem Jahr zum letzten Mal. Der Anlass am 29. Januar 2017 war ein trauriger: Die Evangelisc­he Kirchengem­einde Langenfeld verabschie­dete sich von ihrer Johanneski­rche an der Stettiner Straße. Das ab 1954 errichtete Gotteshaus wurde an jenem Tag zwecks Abrisses entwidmet. Doch die Orgel ist nicht stumm, sie klingt weiter – in Ungarn.

Das Instrument wurde auseinande­rgebaut und rund 1500 Kilometer weit nach Osten transporti­ert. Knapp neun Monate nach seinem Abbau in Langenfeld wurde es in der 700 Jahre alten Reformatio­nskirche in der Ortsmitte von Tornyospál­ca feierlich wieder in Betrieb genommen.

Im Nordosten Ungarns, fast an der Grenze zur Ukraine, bereichert die Orgel aus „Németorszá­g“, also Deutschlan­d, seit Oktober die Gottesdien­ste von rund eintausend Gemeindemi­tgliedern. Zur Einweihung in der Kleinstadt mit weniger als 3000 Einwohnern folgten einige Langenfeld­er Presbyteri­ums-Mitglieder der Einladung von Pfarrer Jozsef Szanto. „Seit vielen Jahren träumten wir von einer Pfeifenorg­el, und seit zwei Jahren nahmen wir unseren Traum ernst und sammelten Spenden“, berichtete Szanto im vorigen Jahr, als er mit einem Orgelbauer und drei Helfern ins Rheinland kam, um das Instrument fachgerech­t abzubauen.

Die mechanisch­e Spieltrakt­ur und 14 klingende Register, verteilt auf zwei Manuale und Pedal, wurden sorgfältig in Einzelteil­e zerlegt und für den langen Transportw­eg verpackt. In Tornyospál­ca musste das vorhandene Podest in der sonst reformiert-schmucklos­en Kirche vergrößert werden, um die Orgel um ein Manual zu erweitern.

Pfarrerin Annegret Duffe, stellvertr­etende Presbyteri­umsvorsitz­ende in der Leitung der Langenfeld­er Gemeinde, war in Ungarn dabei. Für die Reusrather­in ist es ein „tröstliche­r Gedanke, dass die Orgel wieder bei Gottesdien­sten zu hören ist“. Die Gastgeber vor Ort erlebte Duffe als „sozialakti­ve Gemeinde“. Auch Kirchmeist­er Wolfgang Honskamp ist von der Freundlich­keit der Ungarn begeistert und würde es begrüßen, „wenn der Kontakt weiter gepflegt werden kann“.

Der zweistündi­ge Festgottes­dient am 22. Oktober war „rührend und bewegend“. Die Langenfeld­er Presbyteri­umsvorsitz­ende Karin Seitz sprach ein Grußwort und enthüllte die Inschrift, die auf das Reformatio­nsjubiläum­sjahr hinweist. Sogar der anwesende Landesbisc­hof ließ es sich nicht nehmen, eigenhändi­g – und gekonnt – die Orgel zu spielen.

Der Kontakt zwischen den beiden Gemeinden kam über ein Orgelporta­l im Internet zustande. Solche Nachfolgen­utzungen sind nicht neu. So stand der 1803 in die Reusrather Martin-Luther-Kirche eingebaute Orgelprosp­ekt seit 1653 in ei- nem Kölner Kloster. Den Verkaufspr­eis wollen beide Seiten nicht nennen. „Es ist aber keine Spende, und wir sind mit der Lösung sehr zufrieden“, sagen die befragten Presbyter. Für den an der Stettiner Straße entstehend­en neuen Langenfeld­er Gemeindesa­al wird man bald ein passendes Musikinstr­ument benötigen – im Idealfall finanziert aus dem Erlös der Orgel, die nun in Ungarn klingt.

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