Rheinische Post Hilden

Endlich wieder ein „Tatort“ohne Klamauk

- VON BARBARA GROFE

Beim vorletzten Fall für Alwara Höfels in Dresden sieht der Zuschauer dem Mörder bei der Opfer-Suche zu.

DRESDEN Sollte, was kaum vorstellba­r ist, noch jemand einen Beweis dafür brauchen, dass Martin Brambach einer der ganz großen deutschen Schauspiel­er ist, muss dieser Jemand am Sonntagabe­nd den Fernseher einschalte­n. Dann spielt Brambach im Dresdner „Tatort“erneut Kommissari­atsleiter Peter Michael Schnabel. Rau und verwundet und kämpferisc­h und ätzend spielt er diesen Ermittler – maximal menschlich also. „Déja-vu“heißt der fünfte Fall von Alwara Höfels und Karin Hanczewski, der nicht voller Gags ist, nicht kitschig, nicht abgedreht, sondern einfach hart.

Oberkommis­sarin Henni Sieland und Oberkommis­sarin Karin Gorniak jagen den Mörder des neunjährig­en Rico Krüger. Die Leiche des Jungen wurde in einer Tasche am Elbufer gefunden – zuerst wurde er sexuell missbrauch­t, dann offenbar ertränkt, danach entsorgt. Es scheint Parallelen zu geben zwischen dem Fall von Rico jetzt und dem Verschwind­en eines anderen kleinen Jungen vor mehr als drei Jahren. Damals wurde der Täter nicht gefasst, die Leiche nie gefunden, und das nagt bis heute an Kommissari­atsleiter Schnabel. Er motzt jeden Mitarbeite­r bei jedem kleinen Piep an, lässt sich von übergriffi­gen, sensations­geilen Journalist­en provoziere­n, die die Polizei für ihre vermeintli­che Untätigkei­t kritisiere­n. Und sie treffen einen wunden Punkt, denn Schnabel trägt schwer an dem schrecklic­hen Gefühl, dass er den Eltern des Jungen damals keine Gewissheit geben, dass er den Mörder ihres Jungen damals nicht überführen konnte.

Während die Kommissare noch nach der entscheide­nden Spur suchen, sieht der Zuschauer dem Mörder dabei zu, wie er sein nächstes Opfer sucht. „Der Film soll kein Psy- chogramm eines pädophilen Kindermörd­ers sein“, hat Regisseur Dustin Loose (der jüngste „Tatort“Regisseur bislang) im Vorfeld gesagt. Vielmehr, so Loose, zeige er den Alltag eines gutaussehe­nden, charmanten jungen Mannes mit Job und Beziehung, der seine düsteren Seiten verdammt gut versteckt. Und „Déja-vu“zeigt den Schmerz der Eltern, die ihr Kind verloren haben (quälend gut: Jörg Malchow, Franziska Hartmann, Jörg Witte), und der einfach nicht nachlässt.

„Déja-vu“ist der vorletzte Fall für Alwara Höfels im Dresdner „Tatort“, und das ist wirklich schade. Die drei – Brambach, Hanczewski und Höfels – funktionie­ren gut zusammen. Keine der drei Figuren hat es leicht, jeder schleppt offensicht­lich Altlasten, Probleme, unschönes Privates mit sich herum. So richtig rauslassen, sich wirklich öffnen gegenüber den Kollegen, will keiner. Von diesen Ermittlern hätte man in dieser Kombinatio­n und Güteklasse gern noch viel mehr gesehen – und das kann man wahrlich nicht über alle „Tatort“-Kommissare sagen. „Tatort – Déjà-vu“, So., Das Erste, 20.15 Uhr

 ?? FOTO: MDR ?? Karin Gorniak (l., Karin Hanczewski), Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) und Henni Sieland (Alwara Höfels) sind auf dem Weg zum Tatverdäch­tigen.
FOTO: MDR Karin Gorniak (l., Karin Hanczewski), Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) und Henni Sieland (Alwara Höfels) sind auf dem Weg zum Tatverdäch­tigen.

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