Leverkusen gewinnt Pokalkrimi
Nach einem frühen 0:2-Rückstand schlägt Bayer 04 den vermeintlichen Angstgegner Werder Bremen mit 4:2 nach Verlängerung. Julian Brandt ist mit zwei Treffern entscheidend am Einzug ins Halbfinale beteiligt.
LEVERKUSEN Erstmals seit 2009 hat Bayer Leverkusen wieder das Halbfinale des DFB-Pokals erreicht. Gegen einen starken SV Werder Bremen benötigte die Werkself gestern Abend jedoch einen enormen Kraftakt, um bei eisigen Temperaturen einen frühen Zwei-Tore-Rückstand aufzuholen. Das Endergebnis lautete 4:2 (1:2, 2:2, 2:2) nach Verlängerung. Für Leverkusen war es der erste Sieg über die Norddeutschen in der Geschichte des Pokalwettbewerbs nach zuvor sechs Niederlagen.
Das feurige Duell in der mit 25.653 Zuschauern nicht ausverkauften BayArena hatte alle Zutaten, die eine klassische Pokalschlacht ausmachen – und sie begann mit einem Blitzstart der Gäste aus dem Norden. Nach einem ungestümen Einsatz des Leverkusener Nationalspielers Jonathan Tah gegen den früheren Nationalstürmer Max Kruse zeigte Schiedsrichter Marco Fritz zum Entsetzen der Bayer-Anhänger auf den Elfmeterpunkt. Eine harte, aber vertretbare Entscheidung. Der Gefoulte trat selbst an und verwandelte sicher zum 1:0 für die Gäste (4.).
Nur drei Minuten nach dem frühen 0:1 ergatterte Kruse, der neben Florian Kainz der auffälligste Bremer im ersten Abschnitt war, von Kevin Volland und Kai Havertz den Ball und schickte seinen Teamkollegen Aron Johannsson auf die Reise. Der US-Amerikaner hatte plötzlich freie Bahn auf das von Bernd Leno gehütete Tor und lupfte den Ball frech über den herauseilenden Nationaltorwart hinweg zum 2:0 ins Netz. Bayer Leverkusen wirkte in der Anfangsphase ungewohnt unsortiert und hatte Glück, dass Johannsson in der elften Minute nicht sogar noch vorentscheidend auf 3:0 für die furios beginnenden Gäste erhöhte.
Vom zuletzt viel gelobten Angriff der Werkself war in der ersten hal- ben Stunde wenig bis überhaupt nichts zu sehen. Mehr als einen Kopfball-Aufsetzer von Leon Bailey, bei dem sich Werder-Torhüter Jiri Pavlenka ordentlich strecken musste, hatte das Bayer-Team nicht zu bieten (5.). Doch gleich die zweite große Chance brachte den Hausherren den herbeigesehnten Anschlusstreffer. Nach einer sehenswerten Kombination und einer ebenso überlegten Vorarbeit von Dominik Kohr erzielte Julian Brandt das 1:2 (31.).
Der SV Werder zeigte sich vom Leverkusener Lebenszeichen aber nicht erkennbar geschockt. Ein Distanzschuss von Kainz hatte gar das Potenzial zum Tor des Monats, doch Leno verhinderte den Einschlag mit einer Glanzparade (39.). Mit dem 1:2 aus Bayer-Sicht ging es dann in die Pause, in der Trainer Herrlich die richtigen Worte gefunden zu haben schien. Sein Team benötigte lediglich zehn Minuten im zweiten Durchgang, um das Spiel auszugleichen und damit die Wende einzuleiten. Erneut war es der gebürtige Bremer – aber nie für Werder kickende – Brandt, der für Leverkusener Jubelschreie sorgte. Mit einem sehenswerten Schlenzer vom Sechzehner erzielte der umworbene Confed-Cup-Sieger das 2:2 (55.).
In der letzten halben Stunde der regulären Spielzeit mühten sich beide Teams vergeblich, das entscheidende Tor zu erzielen. Es blieb beim Remis, und eine Verlängerung musste über das Weiterkommen entscheiden. Dort erwies sich Leverkusen als die ausdauerndere Mannschaft – und machte durch den kurz zuvor eingewechselten Karim Bellarabi (111.) und Kai Havertz (118.) den ersten Halbfinaleinzug seit neun Jahren fix.