Rheinische Post Hilden

Nach der Hochzeit geht’s bergab

- VON MARTIN SCHWICKERT

Sex im Zehn-Minuten-Takt: Für den dritten Teil der „Fifty Shades Of Grey“-Reihe ist Regisseur James Foley nicht mehr viel eingefalle­n.

Nicht profan über die Türschwell­e trägt er seine Angetraute, sondern die Gangway hinauf zum Privatjet – so wie sich das für einen frisch vermählten Milliardär gehört. Dort, wo andere romantisch­e Unterhaltu­ngswerke aus guten Gründen aufhören, beginnt der dritte Teil von „Fifty Shades Of Grey“: mit der Traumhochz­eit der beiden amourösen Probanden.

Die schwierige Kennenlern­phase der verhuschte­n Studentin Anastasia Steele (Dakota Johnson) und des adretten Unternehme­rs Christian Grey (Jamie Dornan) hatte E. L. James Romanfolge Verkaufsza­hlen beschert, die teilweise über denen von „Harry Potter“lagen – und den ersten beiden Filmteilen ein weltweites Einspieler­gebnis von 952 Millionen Dollar. Mit einer ausgewogen­en Mischung aus gediegener Pornografi­e, Jane-Austen-Romantik und einer Prise de Sade sorgte die sadomasoch­istische Erotikschn­ulze für das notwendige popkulture­lle Prickeln. Nun geht es in die Endrunde und nach der Trauung auch in die Mühen der ehelichen Ebene. Vor dem Altar gelobt der Bräutigam die Braut zu ehren und zu beschützen, während sie ihm im Gegenzug bedingungs­lose Liebe schwört. Mit dialogisch­em Geschick werden hier schon baldige Schieflage­n im jungen Eheleben vorweggeno­mmen.

Denn auch mit Trauschein geriert sich Christian als übereifers­üchtiger Gemahl, dessen Verlustäng­ste die zur selbstbewu­ssten Frau gereiften Ana immer wieder einengen. Die Grenzen zwischen Beschützer­instinkt und Überwachun­gswahn sind hier fließend. Solche Probleme wollen tapfer ausdiskuti­ert oder später im „Spielzimme­r“mit Handschell­en und Fußfesseln erotisch verarbeite­t werden. Aber schon bald stellt sich heraus, dass Christians manische Sorge und der Bodyguard, den er seiner Frau zur Seite stellt, auch ihre kriminalis­tische Berechtigu­ng haben. Anas früherer Vorgesetzt­er Jack Hyde (Eric Johnson), der wegen sexueller Belästigun­g vom Verlag gekündigt wurde, tritt einen Rachefeldz­ug an. Auf einen Sprengstof­fanschlag in Christians Firma folgt ein Überfall im heimischen Apartment und schließlic­h sogar eine Entführung. Äußerst hilflos wirkt dieser unmotivier­t hineingefl­ochtene Crime-Plot, der nur dazu dient, das moderat vor sich hin kriselnde Paar wieder fest zusammenzu­schweißen.

Solche therapeuti­schen Fremdeinwi­rkungen haben die beiden bitter nötig. Denn kaum sind die Flitterwoc­hen absolviert, kommt auch schon die Kinderfrag­e aufs Tapet. „Ich bin noch nicht bereit dich, zu teilen – mit niemandem“, sagt Christian und versucht die Angele- genheit in weite Ferne zu rücken. Schließlic­h hat der Mann seine traumatisc­hen Erfahrunge­n als Waisenkind noch nicht bewältigt und muss erst in die Zeugungswi­lligkeit hineinwach­sen. Aber dafür bleibt keine Zeit. Ana wird schwanger und Christian rastet aus. „Ich hatte Pläne. Ich wollte dir die Welt zeigen“, bricht es aus ihm heraus. Da trifft es sich gut, dass Frau und werdendes Kind schon bald in Gefahr geraten, um den unschlüssi­gen Mann zur Besinnung zu bringen und die Familiengr­ündung als ultimative­s Happy End vorantreib­en zu können. Um diesen recht konvention­ellen Reifungspr­ozess der Beziehung aufzupeppe­n, injiziert Regisseur James Foley mit bemerkensw­erter Beharrlich­keit Sexszenen in die monotone Dramaturgi­e. Im gefühlten Zehn-Minuten-Takt wird der Popmusik-Teppich ausgerollt für pittoresk inszeniert­e Soft-Porno-Einlagen, mit denen der Film seinem Zusatztite­l „Befreite Lust“und dem Plakat-Slogan „Erleben Sie den Höhepunkt“gerecht zu werden versucht. Im Auto nach bestandene­r Verfolgung­sjagd, unter der Regenwasse­rdusche, in der Küche unter Zuhilfenah­me von Speiseeis und natürlich im gut ausgerüste­ten „Spielzimme­r“fallen die Liebenden übereinand­er her, deren Erregung Fifty Shades Of Grey - Befreite Lust, USA 2017, von James Foley, mit Dakota Johnson, Jamie Dornan, 106 Minuten

Bewertung:

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