Vielfalt für wenige
Es ärgert mich, wenn zum wiederholten Male die „ungewöhnlich vielfältige Schullandschaft“der Stadt Hilden gelobt wird, ohne einmal kritisch zu hinterfragen, wer überhaupt zu dieser vielfältigen Schullandschaft Zugang hat. Maßgebliches Aufnahmekriterium der Schulen des evangelischen Schulzentrums (Gymnasium und Gesamtschule) ist die Religionszugehörigkeit. Der Schulleiter erklärte: „Ziel ist, dass etwa 60 Prozent der Schüler evangelisch und rund 30 Prozent katholisch sind. Die restlichen zehn Prozent sind für muslimische, jüdische und orthodoxe Schüler sowie Sozialfälle reserviert.“Die Aufnahme konfessionsloser Schüler ist hier wohl nur als Sozialfall vorgesehen. Auch muslimische und katholische Schüler sind gegenüber ihrem Anteil an der Bevölkerung deutlich unterrepräsentiert und die Chancen auf Aufnahme entsprechend gering. Die Theresienschule nimmt nur Mädchen auf, wobei auch hier katholische Mädchen vorrangig mit Schulplätzen versorgt werden. Welche Schulen bleiben nun für Jungen, die nicht der „richtigen“Religion angehören? Es bleibt z. B. die Bettine-von-Arnim Gesamtschule in Langenfeld. Hier werden jedoch nur 1/3 der Plätze mit Hildener Schülern belegt. 2/3 der Plätze sind Schülern aus Langenfeld vorbehalten und dies, obwohl Langenfeld mit der Prisma-Gesamtschule über eine weitere städtische Gesamtschule verfügt. Bei der Bettine-vonArnim Gesamtschule übersteigt die Anzahl der Anmeldungen regelmäßig die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze, so dass Schüler abgewiesen werden. Und wen betreffen nun diese ablehnenden Ent- scheidungen? Fast ausschließlich Jungen mit Wohnsitz in Hilden. Langenfeld hält – im Gegensatz zu Hilden – für seine Schüler Plätze an Gesamtschulen in ausreichender Zahl vor. Die Bettine-von-Arnim Gesamtschule legt darauf Wert, Jungen und Mädchen in etwa gleicher Zahl aufzunehmen, gleichzeitig ist jedoch der Anteil männlicher Bewerber höher als der der weiblichen, da diese ja teilweise an der Theresienschule Aufnahme finden. Es bleibt das Helmholtz-Gymnasium, dessen Besuch jedoch nur für Schüler mit entsprechenden Leistungen in Betracht kommt, und die Marie-Colinet-Sekundarschule. Hier wird immer wieder versucht, diese als „kleine Gesamtschule“zu verkaufen. Sie ist es jedoch, trotz sicherlich engagierter Lehrer, nicht. Eine Gesamtschule lebt von der Mischung unterschiedlich leistungsstarker Schüler. Diese ist an der Marie-Colinet-Sekundarschule nicht gegeben. Der Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund ist hoch. Ich bezweifle, dass an der Marie-Colinet-Sekundarschule auch nur ein einziger Schüler annähernd auf Gymnasialniveau zu unterrichten ist. Entsprechend ist die Sekundarschule auch bei Eltern keineswegs beliebt, sondern wird allenfalls als Notlösung akzeptiert. Was lernen wir daraus? Ein wesentliches Kriterium für die Bildungschancen eines Hildener Schülers sind Religion und Geschlecht. Dies sollte im Deutschland des 21. Jahrhunderts eigentlich nicht mehr so sein. Was macht die Stadt Hilden? Statt in eine Schullandschaft zu investieren, die Kindern aller Religionen gleichermaßen offensteht, bezuschusst sie das.
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