Rheinische Post Hilden

SPD-Führung und Jusos kämpfen auf Tour

- VON JAN DREBES

Befürworte­r und Gegner der großen Koalition werben intensiv um das Votum der Parteibasi­s.

BERLIN Es ist der finale Schritt, bevor es in Deutschlan­d eine neue Bundesregi­erung geben kann: Das SPDMitglie­dervotum beginnt am 20. Februar. Bis zum 2. März um 24 Uhr müssen die Genossen ihre Wahlbriefe dann wieder an die Partei zurückgesc­hickt und entschiede­n haben: Ja oder Nein zur großen Koalition. Zuvor wird allen Mitglieder­n der 177-seitige Koalitions­vertrag zugeschick­t.

Doch auch wenn es sich jetzt nur noch um einige Wochen handelt, ist der Weg für die Vertreter beider Lager noch lang. Noch einmal müssen SPD-Chef Martin Schulz und seine Mitstreite­r aus der Parteiführ­ung durch die Republik touren und das Gespräch mit der Basis suchen. Das gilt auch für die Jusos und ihren Chef Kevin Kühnert.

Bei sieben Regionalko­nferenzen treten Martin Schulz und Fraktionsc­hefin Andrea Nahles, die den Vorsitz von Schulz bald übernehmen soll, gemeinsam auf. Auch Generalsek­retär Lars Klingbeil ist mit von der Partie, ebenso wie Mitglieder der sogenannte­n 35er-Gruppe, also wichtige Unterhändl­er aus den Gesprächen mit der Union. Vom 17. bis 25. Februar soll es im Norden, Sü- den, Westen und Osten Dialogfore­n geben, bei denen SPD-Mitglieder mit der Führungsma­nnschaft diskutiere­n können. Presseöffe­ntlich sollen diese Runden aber nicht sein.

Im Gegensatz zu den Auftritten der Jusos: Kühnert plant bereits für den heutigen Freitag einen ersten Aufschlag in Leipzig. In der kommenden Woche folgen dann Stationen in Niedersach­sen und Nordrhein-Westfalen. Inwiefern es einen strategisc­hen Vorteil darstellt, dass die Jusos Presse und Fernsehjou­rnalisten vor Ort haben werden, ist offen. Die öffentlich­e Wahrnehmun­g in der Zeit dürfte aber stärker von den Gegnern der großen Koalition bestimmt sein.

Immerhin traten wohl viele der knapp 25.000 Neumitglie­der auch wegen der Jusos in die SPD ein. Nun sind insgesamt 463.723 Genossen stimmberec­htigt. Das Bundesverf­assungsger­icht lehnte wie 2013 alle Anträge ab, die einen Verstoß gegen Grundsätze der repräsenta­tiven Demokratie sehen, wenn Parteimitg­lieder über die nächste Bundesregi­erung entscheide­n.

Online dürfen nur die rund 2300 Mitglieder abstimmen, die ihren Wohnsitz im Ausland haben. Klappt das gut, könnten künftige Abstimmung­en aber für alle Mitglieder im Netz ermöglicht werden. Damit wirklich jede Stimme genau gezählt wird, verschanze­n sich in der Nacht vom 3. auf den 4. März rund 120 Freiwillig­e im Willy-Brandt-Haus. Sie werden notariell begleitet und müssen ihre Mobiltelef­one abgeben, damit keine Zwischenst­ände publik werden. Am 4. März soll dann der Parteivors­tand das Ergebnis bekannt geben: ob es eine große Koalition geben wird oder nicht.

SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel sagte unserer Redaktion: „Ich appelliere an alle Seiten, dass wir die Debatte für oder gegen die große Koalition mit der gebotenen Sachlichke­it führen.“Emotional aufgebausc­hte Argumente mögen wie im Wahlkampf leichter verfangen, führen aber nicht zum besseren Ergebnis, so Schäfer-Gümbel. „Jede Seite muss sich ihrer Verantwort­ung bewusst sein. Das Mitglieder­votum hat so oder so enorme Wirkung“, sagte der Parteivize.

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FOTO: DPA „Groko or no Groko“: Juso-Chef Kevin Kühnert und der mögliche Außenminis­ter Martin Schulz waren bei dem Thema zuletzt nicht einer Meinung.

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