Rheinische Post Hilden

EU-Parlament drängt auf Abschaffun­g der Sommerzeit

- VON M. GRABITZ UND T. REISENER

Die Kommission soll nun die gesetzlich­e Grundlage für eine Änderung schaffen. Die kommt aber wohl nur in der ganzen EU oder gar nicht.

BRÜSSEL Bei der Debatte im EU-Parlament über das Für und Wider der Sommerzeit hätte wohl jeder EUBürger mitreden können. Quer durch die Parteienfa­milien meldeten sich Abgeordnet­e mit Argumenten gegen die Zeitumstel­lung zu Wort. Etwa, dass Wissenscha­ftler herausgefu­nden hätten, dass selbst die innere Uhr von Fruchtflie­gen von der Zeitumstel­lung gestört werde. Der fraktionsl­ose polnische Abgeordnet­e Janusz Korwin-Mikke ar- gumentiert­e, die Sommerzeit gehöre schon allein deswegen abgeschaff­t, weil sie vor 65 Jahren von den Kommuniste­n in seinem Land eingeführt worden sei.

Die meisten sprachen sich in der Debatte für eine Abschaffun­g der Sommerzeit aus. Der CDU-Abgeordnet­e Werner Langen will als einer von wenigen die Sommerzeit beibehalte­n. Die Sommerzeit verhelfe den Menschen zu mehr Sonnenlich­t. Und es sei doch klar: „Wo das Sonnenlich­t fehlt, da gibt es mehr Depression­en.“Das Votum fiel eindeutig aus: Am Ende stimmten 384 Abgeordnet­e dafür, 154 dagegen, die Sommerzeit abzuschaff­en. Die Kommission wird aufgeforde­rt, die Problemati­k einmal grundsätzl­ich zu erörtern und dann möglichst die gesetzlich­en Grundlagen für die Änderung zu schaffen.

Die EU hat zwar die Einführung der Sommerzeit nicht beschlosse­n. Ohne eine Änderung oder Abschaffun­g der entspreche­nden Richtlinie ist es den Mitgliedst­aaten aber nicht möglich, die Zeitumstel­lung abzuschaff­en. Bis die Sommerzeit wo- möglich abgeschaff­t wird, ist es allerdings noch ein weiter Weg. Es bleibt abzuwarten, ob die EU-Kommission überhaupt einen Gesetzgebu­ngsvorschl­ag vorlegt und wie er dann von den Mitgliedst­aaten aufgenomme­n wird. Verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc erklärte, dass die Kommission bereits alle Aspekte untersucht habe. Danach gebe es nur ein Ergebnis: „Es wäre schädlich für den Binnenmark­t, den Mitgliedst­aaten die Abschaffun­g gänzlich freizustel­len.“Entweder müsse die Sommerzeit EU-weit abgeschaff­t werden, oder es müsse EU-weit alles beim alten belassen werden.

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU), der sich als EU-Politiker jahrelang gegen die Zeitumstel­lung ausgesproc­hen hatte, begrüßte den Vorstoß: „Ich habe als Einzelkämp­fer angefangen und bin dafür belächelt worden. Mittlerwei­le ist das Thema mitten in unserer Gesellscha­ft angekommen.“Die Sommerzeit wurde 1980 eingeführt, um Energie zu sparen. Experten bezweifeln jedoch, ob sie wirklich einen Effekt auf den Verbrauch hat.

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FOTO: RP Mit dieser Montage warb Herbert Reul als Europa-Abgeordnet­er für die Abschaffun­g der Sommerzeit.

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