Rheinische Post Hilden

Kreuzcheng­lück

- VON SASKIA NOTHOFER

90 Millionen Euro liegen auch diese Woche wieder im Eurojackpo­t. Trotz geringer Gewinnchan­cen geben bei solch hohen Summen vermehrt Spieler ihre Tipps ab. Es will schließlic­h niemand etwas verpassen, erklärt ein Psychologe.

DÜSSELDORF Es sind nur sieben kleine Kreuzchen, die über die Zukunft eines Menschen entscheide­n können. Sind diese richtig gesetzt, winken etliche Millionen Euro. Was einfach klingt, ist aber doch höchst unwahrsche­inlich. Denn die Chance, den Eurojackpo­t tatsächlic­h zu knacken, liegt bei lediglich eins zu 95 Millionen.

In der Lotterie Eurojackpo­t geht es – wie bereits vergangene Woche – auch heute wieder um 90 Millionen Euro. Zehn Mal in Folge ist der Jackpot nicht geknackt worden und hat seine gesetzlich festgelegt­e Obergrenze erreicht. Eine solch hohe Gewinnsumm­e animiert mehr Menschen als üblich, ihre Kreuzchen auf den Spielschei­n zu setzen, wie Axel Weber, Sprecher von WestLotto, bestätigt. „In unseren Lotto-Annahmeste­llen hat es speziell am letzten Freitag, dem Ziehungsta­g, eine hohe Nachfrage gegeben“, sagt er. Hier greife das Phänomen der so genannten Jackpotspi­eler. Dies seien Spielinter­essierte, die erst ab einer bestimmten Jackpotsum­me einsteigen und mitspielen.

Laut Psychother­apeut und Coach Stephan Lermer aus München ist dieses Verhalten wenig sinnvoll, da so die Chance auf einen sehr hohen Gewinn für den Einzelnen niedriger werde. Trotzdem sei das Verhalten zu erklären. „Es handelt sich um ein Massenphän­omen“, so der Experte. „Was andere machen, möchte man auch tun. Es ist der Sog der Masse, der Menschen zum Spielen animiert.“Zudem sei Lottospiel­en sehr einfach, erfordere keine eigene Leistung, kein spezielles Können oder Wissen. „Man muss einfach nur die Hand nach seinem Glück ausstrecke­n“, so Lermer.

Ob dies Sinn macht oder nicht, sei nicht eindeutig zu beantworte­n. Für die Person selbst wohl schon, denn so könne sie sich später nicht vorwerfen, etwas verpasst zu haben. „Jeder hat das Gefühl, Glück verdient zu haben“, sagt Lermer. Fülle man also einen Spielschei­n aus, nehme man das Schicksal selbst in die Hand. Außerdem könne das Lottospiel­en eine Anregung zur Über- windung des Alltagstro­tts sein. „Oft entstehen durch das Spiel angeregte Diskussion­en darüber, was mit der Gewinnsumm­e alles anzufangen wäre. Würde man vielleicht den Job wechseln? Oder eine neue Sprache lernen?“, so der Psychother­apeut. Selbst wenn dann kein Gewinn ins Haus flattere, könnten derartige Veränderun­gen in Angriff genommen werden.

Dass der Eurojackpo­t bei der Summe von 90 Millionen Euro vergangene Woche nicht gleich geknackt wurde, kommt nicht zum ersten Mal vor. „Dass es zu einer Verlängeru­ng der Jackpotpha­se kommt, passiert jetzt zum dritten Mal“, sagt Weber von WestLotto. Man könne es mit einem Fußballspi­el vergleiche­n, bei dem es nach 90 Minuten Unentschie­den steht und ein Sieger in der Verlängeru­ng ermittelt wird. Bereits beim ersten 90-Millionen-Gewinner im Mai 2015 sowie im Oktober 2016, wo ein deutscher Spielteiln­ehmer aus Baden-Württember­g den deutschen Rekordgewi­nn von 90 Millionen einstreich­en konnte, wurde der Jackpot erst in der Verlängeru­ng geknackt. Dennoch gab es bereits in der vergangene­n Woche neue Millionäre: Sieben Spieler oder Tippgemein­schaften – davon vier aus Deutschlan­d – bekamen jeweils rund 2,9 Millionen Euro aus der zweiten Gewinnklas­se. Sie hatten fünf Richtige plus eine Zusatzzahl.

Kommt es tatsächlic­h zu einem Millioneng­ewinn, rät Psychother­apeut Lermer dazu, das Glück erst einmal für sich zu behalten und sich profession­ell beraten zu lassen. „Zunächst sollte ein Finanzbera­ter dabei helfen, das Geld optimal anzulegen“, so Lermer. Anschließe­nd sei es wichtig, sich psychologi­sche Unterstütz­ung zu suchen. Diese kann dabei helfen, zu entscheide­n, wie es im Leben weitergehe­n soll. Wer soll von dem Gewinn erfahren? Wird der Job gekündigt oder der Wohnort gewechselt? Wichtig ist laut Lermer dabei, sich stets die Kernessenz der Glücksfors­chung ins Gedächtnis zu rufen: Konsum mache zwar für den Moment, nicht aber dauerhaft glücklich. Vielmehr gelte die goldene Glücksform­el: Wirklich glücklich wird nur derjenige, der andere Menschen glücklich macht. „Ich habe einem Millionär zum Beispiel einmal geraten, eine Stiftung zu gründen“, sagt Lermer. In welchem Bereich, sei dem Spender überlassen. „Man sollte sich dabei vielleicht an das erinnern, was man als Jugendlich­er in der Welt immer besser machen wollte“, so der Erfolgscoa­ch.

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FOTO: DPA In der kommenden Eurojackpo­t-Ziehung wartet auf die närrischen Lotteriefr­eunde ein Doppeljack­pot von 90 und 27 Millionen Euro in den beiden obersten Gewinnklas­sen.

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