Rheinische Post Hilden

Dünne Luft für Eltern und Erzieher

- VON ALEXANDRA RÜTTGEN

Reinigungs­geräte sorgen zurzeit dafür, dass die Raumluft in der Kita Kurze Straße sauberer ist als in freier Natur. Der Einsatz dieser Geräte kann aber nur eine Übergangsl­ösung sein. Das wissen alle Beteiligte­n. Entscheidu­ngen müssen her.

HAAN Gleich gibt’s Mittagesse­n. In den Räumen der Kindertage­sstätte Kurze Straße duftet es appetitlic­h nach gedünstete­r Paprikasch­ote. Feldsalat steht schon in Schüsseln bereit. Nach und nach kommen die Kinder aus dem Garten herein, ziehen Jacken und Mützen aus und setzen sich. Dass im Hintergrun­d leise einige Lüftungsge­räte brummen, scheint sie nicht zu stören. Und doch sind diese Geräte zurzeit in allen Räumen der Kita präsent: Feuchtigke­itsschäden in dem 1952 erbauten Haus haben dafür gesorgt, dass die Raumluft von Schimmelsp­oren und Bakterien durchsetzt war. Das ergab eine offenbar von Erziehern angeregte Messung.

„Der Gutachter hat daraufhin Schutzmaßn­ahmen angeordnet“, berichtet Reinhard Pech. Er betreut als Mitglied des Presbyteri­ums für die Evangelisc­he Kirchengem­einde den Bereich Kindertage­seinrichtu­ngen. Die Kita Kurze Straße wird von der Evangelisc­hen Kirche betrieben, und damit ist Pech – ehrenamtli­ch – auch für sie zuständig.

Keller und Obergescho­ss des Gebäudes, in denen die Feuchtigke­itsschäden ihren Ursprung haben, wurden versiegelt und dürfen nicht mehr betreten werden. Diese Räume fehlen nun. Lüfter filtern im Erdgeschos­s Sporen und Bakterien he- raus, so dass ein weiteres Gutachten ergab: Die Luft ist dort jetzt sauberer als in freier Natur.

Und doch kann das nur eine Übergangsl­ösung sein. Der Landschaft­sverband als Aufsichtsb­ehörde hat den Betrieb in dem Haus nur noch bis zum Ende des laufenden Kindergart­enjahres am 31. Juli erlaubt. Dann sollen die in zwei Gruppen betreuten 45 Mädchen und Jungen in gemietete Container umziehen. Sie werden auf dem großen Kita-Gelände Platz haben. Das Haus würde dann nicht mehr genutzt. „Dann schließen wir ab und sehen, was weiter passiert“, sagt Pech.

Beruhigend für die Eltern, die auf genau diese Lösung gedrängt haben. „Es war alles schon ein bisschen wild in den letzten Wochen“, berichtet Maike Dorhs vom Elternbeir­at. „Wir waren alle geschockt“, erzählt sie von dem Augenblick, als die Eltern von der Kirchengem­einde Details zur Raumluftbe­lastung er- fuhren. Schließlic­h „werden unsere Kinder dort nicht erst seit gestern betreut“, sagt Dorhs. In den ersten Wochen sei die Kita nur „spärlich besetzt“gewesen, denn einige Eltern ließen ihre Kinder zu Hause. Sorgen treiben sie um. Wie lange haben ihre Töchter und Söhne schon die belastete Raumluft eingeatmet? Mit welchen gesundheit­lichen Folgen ist möglicherw­eise zu rechnen? Eine Frage, die sich übrigens auch das Personal stellt.

Um eine Lösung zu finden, sei zeitweise sogar im Gespräch gewesen, Kinder und Erzieher auf andere Tagesstätt­en zu verteilen. Die Eltern wollen den Standort jedoch erhalten, „damit die Kinder nicht in fremde Kindergärt­en gesteckt werden“, sagt Dorhs. Daher sei der Elternbeir­at mit der Containerl­ösung jetzt „sehr zufrieden“.

Für rund zwei Jahre, so lauten die aktuellen Planungen, wird diese Containerl­ösung Bestand haben. Das Presbyteri­um brauche „ein halbes bis ein dreivierte­l Jahr Zeit, um sich zu überlegen, wie es weitergeht“, sagt Pech. Denn eine Sanierung des mehr als 65 Jahre alten Gebäudes macht kaum noch Sinn. Das lässt Pech in einem Schreiben an den Jugendhilf­eausschuss durchblick­en, der am Donnerstag­abend erstmals über dieses Thema berät.

Doch ein Neubau kostet viel Geld. Wer trägt die Kosten? Womöglich auch die Stadt, die von den bereitgest­ellten Kita-Plätzen profitiert? Wer wird dann künftig Träger sein? „Was passiert in zwei Jahren, was kommt dann?“, fragt Dorhs. Und sie kritisiert: „Man kann uns das zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen.“

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Erzieherin Vanessa Matz bedient den Regler des Lüftungsge­rätes. Im Hintergrun­d warten Kinder auf ihr Essen. Durch die Sperrung von Keller und Obergescho­ss im Haus mussten sie etwas enger zusammenrü­cken.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Erzieherin Vanessa Matz bedient den Regler des Lüftungsge­rätes. Im Hintergrun­d warten Kinder auf ihr Essen. Durch die Sperrung von Keller und Obergescho­ss im Haus mussten sie etwas enger zusammenrü­cken.

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