Frenzel, der Außerirdische
Nach einer durchwachsenen Saison in der Nordischen Kombination mit nur einem Weltcupsieg trumpft der 29-Jährige auf. Wie in Sotschi stürmt er zum Olympiasieg. Das Gold von Pyeongchang ist sein am härtesten erkämpfter Erfolg.
PYEONGCHANG (sid) Mitten im größten Gold-Trubel suchte Eric Frenzel nach den wirklich wichtigen Menschen. „Ich will unbedingt meine Familie sehen, meine Frau, meinen Sohn“, sagte der kleine König der Kombinierer mit feuchten Augen nach seinem Wahnsinnslauf zum erneuten Olympiasieg: „Sie sind es, die mir in den schweren Monaten, als es nicht lief, so unfassbar den Rücken gestärkt haben.“
„Hut ab vor Eric – er ist einfach ein ganz Großer“
Johannes Rydzek 4,8 Sekunden vor dem Japaner Akito Watabe, der ihm zweieinhalb Wochen zuvor beim Weltcup-Höhepunkt in Seefeld noch haushoch überlegen gewesen war – diesmal ließ er den Gesamtweltcup-Führenden am letzten Berg schlicht stehen.
Als Frenzel ins Ziel stürmte, weinte auf der Tribüne Ehefrau Laura Freudentränen, Frenzels ältester Sohnemann Philipp (11) hüpfte wild auf und ab. Die jüngsten Mitglieder des Frenzel-Clans, Söhnchen Leopold (2) und Tochter Emma (8 Monate), waren im heimischen Flössenburg geblieben.
Bronze ging im Wettbewerb von der Normalschanze an Lukas Klapfer aus Österreich. Die weiteren deutschen Kombinierer hatten eine Medaille schon im Springen verspielt. Rekordweltmeister Johannes Rydzek, der im Vorjahr in Lahti alle vier WM-Titel abgeräumt hatte, musste sich trotz großen Kampfes mit Platz fünf begnügen.
„Ich habe alles reingelegt und kann megastolz sein“, sagte Rydzek: „Hut ab vor Eric – er ist einfach ein ganz Großer.“Fabian Rießle lief noch von Platz 16 auf sieben vor, Vinzenz Geiger wurde Neunter.
Für Frenzel ist die olympische Mission von Pyeongchang noch längst nicht erledigt. Auch von der Großschanze am kommenden Dienstag und zwei Tage später im Teamwettbewerb ist Gold möglich. Frenzel wäre dann der erste Kombinierer mit vier Olympiasiegen. „Ich schaue jetzt, dass ich bis dahin gesund bleibe – das hatte ja in Sotschi nicht so geklappt“, sagte Frenzel, der vor vier Jahren tagelang mit einem Infekt flachgelegen hatte und nach dem Auftaktsieg im zweiten Rennen chancenlos gewesen war.
Sein noch größeres Ziel erreichte Frenzel aber schon am denkwürdigen Gold-Abend. Weit nach dem Rennen schloss er seine Frau und seinen Sohn in die Arme.