Rheinische Post Hilden

„Zu Scooter habe ich selbst schon getanzt“

- WOLFRAM GOERTZ FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Die Pianistin gastiert im März in der Tonhalle. Soeben hat sie eine CD mit Musik von Scooter aufgenomme­n, die heute in Düsseldorf spielen.

Heute Abend tritt die Techno-Band Scooter in der Mitsubishi-ElectricHa­lle auf. Deren Songs hat die russische, in Köln lebende Pianistin Olga Scheps unlängst in einer reinen Klavierver­sion auf CD vorgelegt. Sie selbst gastiert im März ebenfalls in Düsseldorf – und zwar am Donnerstag, 29. März, 16 Uhr, als Gast in einem Klavierkon­zert mit Chilly Gonzalez und Hauschka. Also, Frau Scheps, dass Sie ausgerechn­et Musik von Scooter spielen! SCHEPS Warum denn nicht? Na, ich habe nichts dagegen, im Gegenteil, aber Ihre Klassikfan­s werden sicher zuerst gestutzt haben. SCHEPS Vielleicht ist es erst einmal schwierig, sich vorzustell­en, wie das klingt. Aber die Rückmeldun­gen waren total positiv. Wie kam es überhaupt zu dem Konzept einer Platte mit Musik von Scooter? SCHEPS Ich wurde angerufen, ob ich gemeinsam mit dem Arrangeur Sven Helbig ein solches Album machen wolle. Haben Sie gezögert? SCHEPS Keine Sekunde. Ich fand die Idee von Anfang an interessan­t. Die ganze Musikgesch­ichte besteht ja aus lauter Bearbeitun­gen, auch und gerade in der angeblich puristisch­en Klassik: Bach bearbeitet­e Vivaldi. Beethoven bearbeitet­e Mozart. Liszt bearbeitet­e Verdi. Und wenn Sie sich mal manche Klavierpar­titur von Sergej Rachmanino­w anschauen, werden Sie merken, dass sie voller Jazzharmon­ien steckt. Unterschie­dliche Stile haben sich schon immer gegenseiti­g inspiriert. Wie fanden Sie dann die Noten, als die bei Ihnen eintrafen? SCHEPS Mich hat direkt fasziniert, dass es so viele kreative musikalisc­he Ideen gibt. Manches klingt wie ein Stück aus dem Barock, ein anderes wie ein Stück von Ludovico Einaudi im Sieben-Viertel-Takt, ein anderes klingt wieder sehr meditativ, wieder ein anderes etwas jazzig. Es waren keine nachgespie­lten Songs, sondern ganz eigene, neue Klavierwer­ke. Scooter kenne ich schon immer, das ist sehr energische Musik mit guten Vibes. Zu der habe ich selbst schon getanzt. Jetzt haben die Stücke einen ganz neuen Charakter, das gefällt mir sehr. Und wie gefällt es H.P. Baxxter, dem Frontmann von Scooter? SCHEPS Wir hatten direkt einen sehr netten Kontakt, wir haben uns in Hamburg getroffen und waren gleich auf Augenhöhe. Baxxter ist ein ganz offener Mensch, und die Band hat uns künstleris­ch alle Freiheiten gelassen. Wir haben auch bereits zwei Youtube-Videos gemacht. Und manche Stücke verändern sich ja enorm. Hört man sich den „Logical Song“an, so hat er sich erneut gewandelt: Bei Supertramp ist das Stück eine expressive Dringlichk­eitserklär­ung, bei Scooter eine abgefahren rhythmisie­rte, in der Singstimme fast wie Micky Maus quietschen­de Version – und bei Ihnen eine gefühlvoll­e Ballade. SCHEPS Ja, es ist ein neues Stück mit dieser Melodie, aber mit einem ganz anderen Charakter entstanden. So mag ich es auch sehr. Ist da wieder eine neue Grenze übertreten? Immerhin ist das Stück jetzt bei Ihnen, nach dem Supertramp­Original, sozusagen in der EnkelGener­ation angekommen. SCHEPS Das mit der Enkel-Generation finde ich lustig, aber ich mag das Wort von der Grenze nicht. Was denn für Grenzen? Alles Klassische war doch immer auch Unterhaltu­ngsmusik, es kam und kommt doch nur darauf an, wie gut etwas ist und ob es dem persönlich­en Geschmack zusagt oder nicht. Und ich glaube, dass viele Leute einen breiten Horizont haben, die hören jetzt Beyoncé und eine Stunde später eine Haydn-Sonate. Geht alles. Und geht gut. Ich kenne auch generell viel Musik, egal aus welchem Stil. Im März werden Sie in einem Konzert auch zwei Klavierkon­zerte von Johann Sebastian Bach und Frédéric Chopin spielen, da wähnt man ja auch gewisse Grenzen, obwohl beide in der Tonart f-Moll stehen. SCHEPS Ja, die Stile sind unterschie­dlich, die Werke wurden in verschiede­nen Jahrhunder­ten komponiert. Der Bach hat auch einen ganz anderen Charakter als das Klavierkon­zert Nr. 2 von Chopin. Trotzdem: Jedes dieser Konzerte hat seine eigene Schönheit für mich, und am Ende geht es um Gefühle, die in der Musik Ausdruck finden. Und die sind ja dieselben – Menschen in allen Jahrhunder­ten haben sie empfunden. Sie können sich das gern anhören! Mal sehen. Wo müssten wir Hörer denn hin? SCHEPS Sie können gern nach Wien kommen, da spiele ich beide Werke am 25. März im Wiener Musikverei­n, einen Abend vorher in Hainburg an der Donau. Wenn Ihnen das zu weit ist: Ich führe es am Tag danach, am 26. März, auch in der Kölner Philharmon­ie auf. Im März werden Sie aber auch in Düsseldorf auftreten – was wird die Hörer da erwarten? SCHEPS Ich werde auf jeden Fall ein Stück von Chilly Gonzalez spielen. Und was sonst noch? SCHEPS Weiß ich noch nicht, das entscheide ich vermutlich ziemlich spontan. Sie leben nun schon seit vielen Jahren in Deutschlan­d, sind aber in Moskau geboren. In welcher Sprache träumen Sie eigentlich? SCHEPS Oh, meistens in der Sprache, die ich kurz zuvor gesprochen habe. Ich bin ja zweisprach­ig aufgewachs­en, mit Russisch und Deutsch. Was steht bei Ihnen als Nächstes auf dem Programm? SCHEPS Vermutlich Klavierson­aten von Mozart und Beethoven.

Welche? SCHEPS Weiß ich noch nicht. Von Mozart möglicherw­eise die stürmische a-Moll-Sonate KV 310, die liebe ich ganz besonders.

. . . aber auch Murray Perahia, Daniel Barenboim, András Schiff. Ich bin auch da nicht dogmatisch. Wie ich schon sagte: Es gibt keine Grenzen!

 ?? FOTO: UWE ARENS ?? Die Russin Olga Scheps lebt seit Langem in Köln, ihrer Wahlheimat. Ihr Vater unterricht­et in Aachen.
FOTO: UWE ARENS Die Russin Olga Scheps lebt seit Langem in Köln, ihrer Wahlheimat. Ihr Vater unterricht­et in Aachen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany