Rheinische Post Hilden

Very British: Diane Keaton in „Hampstead Park“

- VON RENÉE WIEDER

Mit dem Ernst des Lebens hat Emily Walters (Diane Keaton) wenig Erfahrung. Seit einem Jahr verwitwet, harrt die Amerikaner­in weiter in ihrer Dachwohnun­g im Londoner Camden-Viertel aus, mit Blick auf den Hampstead Park mit seinen grünen Seen und Wäldern. Dass die bürgerlich­e Idylle Risse hat, dass ihr verstorben­er Mann sein Geld für eine Geliebte ausgab, wird Emily gerade erst klar. Eines Tages stolpert sie Donald Horner (Brendan Gleeson) in den Weg, dem stadtbekan­nten Einsiedler. Eine Wohnungsba­ufirma versucht Donald aus seiner selbst gezimmerte­n Hütte im Park zu vertreiben. Emily will dem Sonderling helfen. Dafür muss sie allerdings etwas ganz Neues und Schwierige­s tun: Stellung beziehen.

Ungewohnt leichte Töne sind das von Joel Hopkins: 2008 inszeniert­e der Regisseur im selbst geschriebe­nen Drama „Last Chance Harvey“Emma Thompson und Dustin Hoffman noch tiefernst als einsame Herzen in London. Das Drehbuch zu Hopkins’ sozial angehaucht­er Beziehungs­komödie „Hampstead Park“stammt nun von Robert Festinger (Oscarnomin­ierung für „In the Bedroom“) und verlässt sich ganz auf die Spielfreud­e seiner Stars. Mit der Woody-Allen-Muse Diane Keaton und dem Iren Brendan Gleeson („Brügge sehen … und sterben?“) kommt ein sehr unwahrsche­inliches Paar auf der Leinwand zusammen. Keaton bringt ihre schrullige Anmut, diese Aura urbaner Warmherzig­keit, voll zum Tragen, fügt aber ihrem typischste­n Filmcharak­ter nichts Neues hinzu. Selbst Emilys Klamotten sehen so aus wie die von „Annie Hall“vor vierzig Jahren. Gleeson seinerseit­s ist ideal als ruppiger Grantler, der beim romantisch­en Picknick auf dem Friedhof dann überrasche­nd versiert über Literatur plaudert. Es ist komisch anzusehen, wie diese zwei sich ihre Chemie Szene für Szene erspielen. Etwa wie Singles, die man immer mal verkuppeln wollte und die sich jetzt verlegen beschnuppe­rn müssen, bis es funkt.

Inspiriert ist das Ganze vom Iren Harry Hallowes, der von 1987 bis zu seinem Tod 2016 autark in einer versteckte­n Ecke des Parks lebte. Der Film romantisie­rt Hallowes’ Realität, indem er dem Eigenbrötl­er Don die fiktive Emily an die Seite stellt. Neben diesem reizenden, heimeligen Seniorenfl­irt wirkt „Notting Hill“wie im Problemvie­rtel gedreht. Kaum jemals sieht man mal ein Auto fahren in Hampstead, dafür pittoreske Läden und spielende Kinder, selbst Donalds Hütte ist mehr ein liebevoll dekorierte­s Cottage. Dramatisch wird es im letzten Kapitel, das Donalds Kampf um Gerechtigk­eit in den Gerichtssa­al verlegt. Hier darf Donald noch seine große Rede halten über unsere Gesellscha­ft mit ihrem Wegwerftem­po und ihren Wegwerfmen­schen. Eine berührende Szene. Auch weil Emily in der ersten Reihe endlich gelernt hat, ihrem Waldschrat auch öffentlich die Hand zu halten.

Joel Hopkins:

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