Rheinische Post Hilden

Weniger Unfalltote in NRW

- VON THOMAS REISENER

Die Zahl der Toten im NRW-Straßenver­kehr sinkt, obwohl die Zahl der Unfälle zunimmt. Als besondere Gefahrenqu­elle nennt NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) den Lkw-Verkehr.

DÜSSELDORF Die Zahl der Unfälle auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen ist 2017 leicht gestiegen: um 2,1 Prozent auf knapp 653.500. Die Zahl der Verkehrsto­ten ging allerdings um 40 auf 484 Menschen zurück. „Das ist der beste Wert seit vier Jahren“, sagte NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) gestern bei der Vorstellun­g der Statistik.

1960 gab es in NRW noch 4709 Verkehrsto­te. „Die Gurtpflich­t, die Ächtung von Alkohol am Steuer und die sicherer gewordenen Autos“sind laut Reul wesentlich­e Ursachen für den langfristi­g sinkenden Trend. Aber aus Sicht des Ministers ist dies kein Grund für Entwarnung: „Unfälle sind kein Schicksal. In 95 Prozent aller Fälle werden sie von Menschen verursacht“, sagte Reul. Und so hat die Verkehrsun­fallstatis­tik 2017 auch ihre Schattense­iten.

Vor allem stieg die Zahl der schweren Lastwagenu­nfälle an Stauenden in NRW stark an. Waren es 2013 noch 135, wurden im vergangene­n Jahr schon 194 dieser oft tödlichen Unfälle registrier­t. 19 Menschen kamen allein auf diese Weise 2017 ums Leben, im Vorjahr wurden noch acht Todesopfer weniger registrier­t.

Deshalb will Reul die Lkw-Fahrer künftig stärker in den Fokus von Kontrollen nehmen. Sie seien oft übermüdet oder durch Mobiltelef­one abgelenkt. Notbremsas­sistenten, die den Abstand zu vorausfahr­enden Fahrzeugen messen und automatisc­h Bremsungen auslösen, würden die Lkw-Fahrer oft abschalten. „Sie wollen im Windschatt­en von anderen Lkw fahren, oder sie langweilen sich schlichtwe­g, wenn alles automatisc­h passiert“, nannte Reul als Gründe.

Er will sich dafür einsetzen, dass solche Systeme nicht mehr manuell abgeschalt­et werden können. Roman Suthold vom ADAC Nordrhein begrüßte das gestern. Zugleich gab er den Autofahrer­n den Rat, „wenn sie an ein Stauende ranfahren, sofort die Warnblinka­nlage einzuschal­ten, genug Abstand zu halten und regelmäßig einen Blick in den Rückspiege­l zu werfen.“

Außerdem will Reul die Polizei schon in der kommenden Woche landesweit gezielt den Lkw-Verkehr kontrollie­ren lassen, was von der Deutschen Polizeigew­erkschaft DPolG unterstütz­t wird. Allerdings forderte sie gestern dafür auch mehr Personal für die Überwachun­g der Lkw sowie mehr technische Abstandsme­ssgeräte.

Zunehmende Sorgen bereiten dem NRW-Innenminis­ter ältere Menschen auf Fahrrädern mit elektronis­chem Hilfsmotor – den sogenannte­n Pedelecs. Denn die Zahl der bei Pedelec-Unfällen getöteten Menschen stieg 2017 drastisch von zwölf auf 21. 18 davon waren älter als 64 Jahre, 15 sogar älter als 74 Jahre. Reul warnte: „Normalerwe­ise beschränkt die Muskelkraf­t auf Fahrrädern das Tempo. Bei Pedelecs greift dieses natürliche Tempolimit nicht.“Gerade ältere Nutzer seien mit den Pedelec-Geschwindi­gkeiten deshalb oft überforder­t. Reuls Rat: ein Training bei der Verkehrswa­cht, Fahrradhel­me und mehr Bewusstsei­n für eine angemessen­e Fahrweise.

Zu beklagen waren 2017 auch 84 tödlich verunglück­te Motorradfa­hrer – neun mehr als 2016. Das ist der höchste Wert seit fünf Jahren. Hier gibt es offensicht­lich auch einen Zusammenha­ng mit der neuerdings ebenfalls wieder stark steigenden Zahl von Motorradfa­hrern in NRW. Mehr als jeder zweite Biker verursache den Unfall selbst – meist wegen überhöhter Geschwindi­gkeit, sagte Reul. Grundsätzl­ich beklagte der Minister den Umgang der Verkehrste­ilnehmer untereinan­der: „Es gibt eine höhere Aggressivi­tät im Straßenver­kehr, nicht nur bei Autofahrer­n, sondern auch bei Radfahrern.“

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