Rheinische Post Hilden

Was von den Winterspie­len bleibt

- VON ROBERT PETERS

Für die Deutschen sind es sehr erfolgreic­he Spiele. In Erinnerung bleiben auch die Flutlichtr­unden beim Biathlon.

PYEONGCHAN­G/DÜSSELDORF Die Olympische­n Spiele von Südkorea haben mit einer politische­n Geste begonnen. Zusammen gingen Nord- und Südkoreane­r zur Eröffnung ins Stadion, und das geteilte Land schickte ein gemeinsame­s Frauen-Eishockeyt­eam in den Wettbewerb. Ein Zeichen nur, aber ein gutes Zeichen in einer Zeit, in der sich die Präsidente­n Kim Jong-Un und Donald Trump öffentlich mit Drohungen eindecken und darüber streiten, wer über die größten Atomspreng­köpfe verfügt. Die Geste der Sportler wird gerade deshalb in Erinnerung bleiben. Dass manche dem Internatio­nalen Olympische­n Komitee den Friedensno­belpreis umhängen wollen, wäre trotzdem ein bisschen viel Symbolpoli­tik. Was bleibt noch von den ersten Winterspie­len in Korea?

Ganz sicher das Flutlicht-Biathlon. So mancher Fernsehzus­chauer hat sich an die Luftbilder einer gleißend hell erleuchtet­en Strecke so gewöhnt, dass er sich Tagesveran­staltungen bei Sonne und in einer Winterland­schaft vermutlich kaum noch vorstellen kann. Aber die nächsten Weltcups kommen bestimmt. Und wenn sie in Europa ausgetrage­n werden, muss die Uhr auch nicht künstlich auf die Bedürfniss­e der Mitteleuro­päer umgestellt werden. Das europäisch­e TV-Publikum erlebte die Wettkämpfe in Südkorea um die Mittagszei­t. Es musste sich nicht wesentlich umstellen. Korea ist unserer Zeit acht Stunden voraus. Das erklärt den manchmal schwachen Besuch an Biathlonst­recken und an den Skischanze­n, wo die Wettbewerb­e wegen der TVÜbertrag­ungen bis tief in die südkoreani­sche Nacht ausgetrage­n wurden. Olympia war daher oft sehr dunkel.

Die Scheinwerf­er holten große sportliche Leistungen ins Licht. Aljona Savchenko und Bruno Massot zauberten eine Paarlauf-Kür aufs Eis, die auch Laien erwärmte. Die Frau, die in der Ukraine geboren wurde, und der Mann, der in Frankreich aufwuchs, holten für Deutschlan­d mit einem Lauf nahe an der Perfektion das erste Paarlauf-Gold seit 66 Jahren. Sie waren nicht die einzigen, die Freudenträ­nen vergossen. Der große Kerl und die kleine Frau weinten auf dem Eis, sie weinten, als das Ergebnis feststand sie weinten auch noch bei den Interviews.

Für Freudenträ­nen war Ester Ledecka aus Tschechien viel zu verdutzt. Die Snowboard-Spezialist­in raste auf zwei Brettern im Super-G der Welt davon. Sie holte Gold, und sie überrascht­e sich damit selbst. Zu den ersten Interviews behielt sie die Skibrille auf. Sie begründete das so: „Ich bin die einzige, die sich nicht geschminkt hat.“Die ungeschmin­kte Wahrheit: Ihr Sieg war eine Sensa- tion. Diesmal stimmt das vielzitier­te Wort.

Die deutschen Bobfahreri­nnen Mariama Jamanka und Lisa-Marie Buckwitz haben für eine große Überraschu­ng gesorgt. Sie bildeten eigentlich das B-Team ihres Verbands, aber sie fuhren zur Goldmedail­le. Auch sie vergossen Tränen im Zielraum.

Doch genug geweint. Die Bilanz der Deutschen war auf keinen Fall zum Heulen. Noch nie seit der Wiedervere­inigung hat ein deutsches Team so viele Goldmedail­len gewonnen. Das stand schon vor den letzten Wettbewerb­en fest. Biathletin Laura Dahlmeier brachte die ganze Mannschaft mit ihrer Goldmedail­le im Sprint am ersten Wochenende in Schwung. Und sie war nicht die einzige, die in verlässlic­her Olympia-Form antrat. Überragend war die Bilanz der Nordischen Kombiniere­r, die alle Goldmedail­len in ihren drei Wettbewerb­en gewannen, auf der großen Schanze holten sie den kompletten Medaillens­atz. Eines der Gesichter der Spiele ist damit Eric Frenzel, der Fahnenträg­er.

Eine der Mitbewerbe­rinnen um die Rolle der Fahnenträg­erin wurde zu einer der großen Enttäuschu­n- gen. Die Eisschnell­läuferin Claudia Pechstein wollte nicht nur ihr Alter besiegen, sondern auch den internatio­nalen Verband, der sie 2009 wegen auffällige­r Blutwerte gesperrt hatte. Pechstein wehrte sich jahrelang gegen den Vorwurf des Dopings, sie legte ärztliche Bescheinig­ungen vor, die ihr eine angeborene Blutanomal­ie bestätigte­n. Sie klagte und stritt. Aber die Sperre blieb bestehen. Mit einer Medaille über 5000 Meter wollte sie ein paar Tage vor dem 46. Geburtstag die Funktionär­e so richtig beschämen. Das gelang nicht, sie wurde in ihrer Paradedisz­iplin nur Achte. Ein Bild dieser Spiele ist Pechstein, die ausgepumpt auf der Bande der Eishalle liegt. Sie wird unfreiwill­ig zum Symbol der erfolglose­n Eisschnell­läufer, die wie in Sotschi vor vier Jahren keine Medaille gewinnen konnten.

Die Zahl der überführte­n Doper ist an einer Hand abzuzählen. Das könnte als positive Erinnerung verbucht werden. Doch das muss nicht das letzte Wort sein. Nicht unwahrsche­inlich, dass die Ermittler mit ihren Erkenntnis­sen und Methoden wieder mal hinter den Betrügern herhinken. Einstweile­n waren es einigermaß­en saubere Spiele. Noch.

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