Rheinische Post Hilden

Erkraths Laienschau­spieler sind Originale

- VON SABINE MAGUIRE

Um Hermann Kreuels und Benno Lohn formierte sich nach dem Ersten Weltkrieg eine kuriose Darsteller­gruppe.

ERKRATH Man könnte nostalgisc­h werden bei dieser Geschichte. Da gab es in Erkrath ein paar Leute, für die einst die sprichwört­lichen Bühnenbret­ter die ganze Welt bedeuteten. Einer von ihnen war Hermann Kreuels, der es später in die hohe Liga eines „Erkrather Originals“schaffen sollte. Und der andere war Benno Lohn. Dessen Künstlerna­me „Benito“auf einem Foto sollte noch Jahrzehnte nach seinem Tode für Verwirrung sorgen. Aber dazu später mehr.

Hermann Kreuels jedenfalls war eigentlich Änderungss­chneider und hatte seine Wohnung im Hause von Lisa Schumm an der Kreuzstraß­e. Das Miteinande­r von Vermieteri­n und Untermiete­r passte: Während Kreuels an seinem Schneidert­isch saß und auf Kundschaft wartete, war die kuriose Kolonialwa­renhändler­in in ihrem vollgestop­ften Lädchen mitunter kaum zu sehen. Ab und an harrte der Schneider auch auf seinem Tisch aus, um den Wassermass­en zu entgehen, die der Regen in die Erdgeschos­swohnung spülte.

Um Ideen war er jedenfalls nie verlegen. So schloss er sich um die Jahrhunder­twende dem Rosenmonta­gszug durchs Städtchen an, um mit einem an einer fünf Meter langen Stange angebunden­en Klingelbeu­tel an den Fenstern Geld für die Bedürftige­n zu sammeln. Dabei fehlte ihm selbst oft das Nötigste zum Überleben. Der Humor schien ihm hingegen nie verloren gegangen zu sein. „Er malte ein Papp-Plakat mit der Aufschrift ,Heilanstal­t für kaputte Hosen’ und befestigte es am Fenster zur Straße“, berichten die Ercroder Jonges in ihrer Vereinszei­tschrift.

Nach dem Ersten Weltkrieg gelangte Hermann Kreuels schließlic­h zu seiner Passion. Das Theater hatte es ihm angetan und vor allem eine Gruppe von Erkrather Laienschau­spielern, die sich regelmäßig traf, um auf den heimischen Bühnen aufzutrete­n. Kreuels wurde nicht nur Spielleite­r und wählte die Stücke aus, er kümmerte sich auch um Kostüme und Requisiten. Bei den Aufführung­en war er nicht nur Kulissensc­hieber, sondern spielte auch noch den Souffleur. „Die Theaterauf­führungen fanden entweder im Weidenhof oder im Hof der Postwirtsc­haft statt“, berichten die Chronisten. Und wenn Hermann Kreuels mit seiner Schauspiel­ertruppe zum Düsseldorf­er Opernhaus fuhr, um dort Kostüme auszuleihe­n, ließ er sich – klein und buckelig wie er war – in einen geflochten­en Schließkor­b einsperren, um Geld zu sparen.

Zu seinen kreativen Kompagnons gehörte auch Benno Lohn, über den in der Familiench­ronik zu lesen ist: „Schauspiel­ern konnte er…! Einen seiner größten schauspiel­erischen Erfolge landete Benno Lohn allerdings Jahrzehnte nach seinem Tod.

Die Aufführung­en fanden entweder im Weidenhof oder im Hof der Postwirtsc­haft statt

Damals druckten die Ercroder Jonges in ihrer Vereinszei­tschrift ein Bild des Schauspiel­ers ab, in dessen Erklärtext sie ihn kurzerhand zur Frau machten. Später gab es dann eine Korrektur durch dessen Sohn – und alle dürften wohl darüber geschmunze­lt haben. Unbestritt­en, das schauspiel­erische Verwirrspi­el war gelungen. Und was will man mehr als das, wenn es um Schauspiel­erei geht.

Gänzlich heiter dürfte das Leben von Benno Lohn dennoch nicht verlaufen sein. Die Familie erzählt vom Traum eines Wandergese­llenlebens, inmitten dessen man von Stadt zu Stadt zieht. Dann kam der Ruf aus dem Erkrather Elternhaus, dort wurde er gebraucht. „Er lebte sein Leben, ein Leben voller geplatzter Illusionen“, ist über ihn zu lesen. In die Kriegswirr­en zweier Weltkriege hineingebo­ren, die Frau und Mutter seines Sohnes früh dem Tode geweiht.

Was Benno Lohn einst auf eines seiner Schauspiel­erfotos schrieb, hört sich mit einem Blick in den Rückspiege­l der Ereignisse beinahe prophetisc­h an: Das Heut´ ist hell, das Morgen – dunkel.

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FOTOS (3): B. LOHN/USSER DORP Die Laienschau­spielergru­ppe mit Spielleite­r Hermann Kreuels (unten links) vor der Aufführung von „Robert und Bertram“.

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