Rheinische Post Hilden

Merkels taktischer Wechsel

- VON EVA QUADBECK

Mit dieser Minister-Mannschaft und der Saarländer­in Kramp-Karrenbaue­r als Generalsek­retärin hat Kanzlerin Merkel das Feld bestellt, auf dem ihre Nachfolge gedeihen kann. Vorausgese­tzt, die SPD-Basis sagt Ja zum Koalitions­vertrag, wird der Kampf um Merkels Erbe mit der Regierungs­bildung starten. Auf den vorderen Positionen: Annegret Kramp-Karrenbaue­r und Jens Spahn. Aber auch Julia Klöckner, Ursula von der Leyen und Peter Altmaier sind als Führungsre­serve neben den CDU-Ministerpr­äsidenten Armin Laschet und Daniel Günther sichtbar.

Dass Spahn Kabinettsm­itglied wird, ist in Merkels Taktik ein Paradigmen­wechsel. Bislang manövriert­e sie Gegner, Kritiker und andere lästige Parteifreu­nde eher ins Abseits. An Spahn kam sie nicht mehr vorbei. Nach dem historisch schlechten Wahlergebn­is, einem nur mäßigen Erfolg bei den Koalitions­verhandlun­gen und bei einer in Teilen unzufriede­nen Parteibasi­s steht sie zum Start ihrer wohl letzten Amtsperiod­e geschwächt da. Wenn sie diesen in der CDU gut verdrahtet­en Widersache­r nicht eingebunde­n hätte, hätte er für eine gefährlich­e Unwucht in der Partei sorgen können. Eine Negativ-Stimmung gegen die Kanzlerin wiederum wäre auch für ihre Favoritin auf das eigene Erbe, Kramp-Karrenbaue­r, gefährlich. So ist die Personalie Spahn Teil eines fein austariert­en Master-Plans für die Zukunft der CDU.

Für Spahn, der gerne auf dem Feld der Integratio­nspolitik wildert, ist das Gesundheit­sministeri­um eine konkrete Herausford­erung: Einer, der in finanzund sozialpoli­tischen Fragen bislang als Anwalt der jungen Generation auftrat, muss nun in der personell unterbeset­zten Altenpfleg­e für eine Trendwende sorgen und die bezahlbare Gesundheit­sversorgun­g der alternden Gesellscha­ft organisier­en. Das wird ihn aber nicht davon abhalten, ab und zu als CDUPräsidi­umsmitglie­d seine Duftmarken zu setzen.

Mit der neuen Bildungsmi­nisterin ist Merkel wiederum eine Überraschu­ng gelungen. Auch wenn Anja Karliczek keine Bildungsex­pertin ist, geht von dieser Personalie erst einmal ein Signal des Aufbruchs aus.

Für Merkels Pläne müssen verdiente Minister ihren Platz räumen: Hermann Gröhe und Thomas de Maizière. Damit hat die Kanzlerin Härte gegen zwei geschätzte Wegbegleit­er gezeigt, um ihre eigene Position mit einem Signal der Erneuerung zu stabilisie­ren und die CDU auf die Zukunft auszuricht­en. Mit dieser Kabinettsa­ufstellung hat Merkel auch ihr brüchig gewordenes Fundament erneuert. Damit kann sie weitere vier Jahre eine stabile Regierung führen – sofern SPD und CSU mitspielen. BERICHT

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