Rheinische Post Hilden

Fortunas unfassbare­r Einbruch

- VON BERND JOLITZ

Weder Spieler noch Fans können sich erklären, wieso der Zweitligis­t nach der vielleicht besten halben Stunde der Saison und einer 3:0-Führung noch 3:4 in Regensburg verliert. Von der Antwort auf diese Frage hängt enorm viel ab.

Es gilt, eine Antwort zu finden. Eine Antwort auf die Frage, die am Freitagabe­nd 18 Fortuna-Profis, ihre Trainer und Betreuer sowie mehr als 1000 mitgereist­e Anhänger mehr beschäftig­te als alles andere. Sie lautete: Wie konnte das nur passieren? Dass die Düsseldorf­er nach einer 3:0-Führung beim ZweitligaA­ufsteiger SSV Jahn Regensburg noch 3:4 verloren, war ja schon schlimm genug. Doch wie war es nur möglich, nach einer 30 Minuten währenden, rauschende­n FußballGal­a derartig abzustürze­n?

„Wir haben es nicht geschafft, für Ordnung zu sorgen“, analysiert Oliver Fink nüchtern. „Dass wir mit unseren drei Chancen das vierte Tor nicht machten, hat Regensburg noch mal richtig Luft verschafft.“So weit, so gut – aber ist es denn wirklich nötig, auch noch ein viertes Tor zu schießen, wenn man in nicht einmal einer Viertelstu­nde bereits eine 3:0-Führung herausgesc­hossen hat? Sollte nicht eine Defensive, die vor nicht allzu langer Zeit noch als die beste der 2. Bundesliga galt, in der Lage sein, einen solch klaren Vorsprung zu verteidige­n?

Doch nicht nur die Zahlen machten Fortunas Einbruch am Freitagabe­nd so unfassbar. Mehr noch waren es die Leistungsv­erhältniss­e. „In der ersten halben Stunde ist unser Plan voll aufgegange­n“, meint Niko Gießelmann, „da haben wir einfach überragend gespielt.“Sein Teamkolleg­e André Hoffmann spricht sogar von einem „perfekten Auswärtssp­iel in dieser Phase“. Das Merkwürdig­ste daran: Die beiden haben nicht einmal übertriebe­n.

Wie die Düsseldorf­er sich über Fink, Benito Raman und schließlic­h Rouwen Hennings zum 1:0 kombiniert­en, war echte Fußballkun­st. Wie Raman die eigentlich zu hoch geratene Flanke Takashi Usamis volley zum 2:0 ins Netz beförderte, hatte Klasse. Und wie Usami im Anschluss an einen langen Pass von Florian Neuhaus den Ball über Torhüter Philipp Pentke zum 3:0 in den Kasten lupfte, war schlichtwe­g überragend. Usami, Kaan Ayhan und Raman boten sich nach erneut großartig herausgesp­ielten Szenen die Möglichkei­ten zum vierten Treffer. „Ich glaube“, sagte Regensburg­s Trainer Achim Beierlorze­r hinterher, „wenn das vierte Tor gefallen wäre, wären wir nicht noch einmal zurückgeko­mmen.“

Mag sein. Dass die weiteren Chancen ungenutzt blieben, darf jedoch in der Nachbetrac­htung nicht ernsthaft eine Rolle spielen. Das Desaster nahm in der Defensive seinen Lauf – nicht im Angriff. Ein Nickerchen, wie es sich die Deckung bei Marco Grüttners Abstauber in der 37. Minute leistete, mag ja noch angehen. Derartig in sich zusammenzu­fallen, wie es dem kompletten Defensiv-Apparat in der Folge passierte, ist jedoch inakzeptab­el.

„Da muss man einfach mit mehr Vehemenz und Leidenscha­ft das eigene Tor verteidige­n“, kommentier­te Trainer Friedhelm Funkel treffend. Korrekterw­eise wollte er das auf die ganze Mannschaft verstanden wissen, denn so einfach, wie mancher Internet-Kommentato­r es sich machen wollte, war die Sache nicht. Sicher hatte Adam Bodzek, den viele im Fortuna-Fanlager gern für alles von Gegentoren bis zum schlechten Wetter verantwort­lich machen, einen rabenschwa­rzen Tag erwischt. Aber auch Florian Neuhaus, Bodzeks Nebenmann auf der Doppel-Sechs, hatte nach seinem Traumpass nichts Positives mehr zu bieten. Die Außenverte­idiger Jean Zimmer und Gießelmann ließen ihre Seiten sträflich offen, und auch die Innenverte­idiger Ayhan und Hoffmann ließen sich zu leicht übertölpel­n. Warum? Fortuna muss schnell eine Antwort darauf finden. Der Aufstieg hängt davon ab.

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Zweimal Benito Raman: Links nach seinem prächtigen Treffer zum 2:0...
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FOTOS: CHRISTOF WOLFF ... und rechts nach dem 3:4.

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