Rheinische Post Hilden

Bisher ungekannte Idiotien: Satire von Hans Holzbecher

- VON CLAUS CLEMENS

Ein Indikativ. So hieß das früher einmal, wenn eine Musik, die jeder kannte, etwas ankündigte, das jeder kannte. Im „Kom(m)ödchen“hörte man am Wochenende den Indikativ von „Star Trek“. Und Hans Holzbecher kündigte an, mit seinem virtuellen Raumschiff in Idiotien vorzudring­en, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Ein Satz von Angela Merkel aus dem letzten Wahlkampf hat es ihm dabei angetan: „Nur Person und kein Programm, das kann ich nicht empfehlen.“Dieser Erkenntnis folgend baut Holzbecher in sein Zwei-Stunden-Programm so ziemlich alles ein, was die Menschen in der Realität aufzuregen vermag.

Dazu gehört auch der Kölner Dom. Wie das? In einem Bewertungs­portal für die Sehenswürd­ig- keiten unserer Nachbarsta­dt schreibt doch tatsächlic­h ein User: „Also ich war drin, aber das lohnt sich nicht wirklich.“Da geht das Publikum zusammen mit dem Kabarettis­ten und Hausregiss­eur des „Kom(m)ödchens“auf die Barrikaden. Ein Weltkultur­erbe, auf dem Fundament eines römischen Tempels in 600 Jahren erbaut, mit den Reliquien der Heiligen Drei Könige, das soll sich nicht lohnen?

Mit eigenen Songs und intelligen­ten Texten dockt Holzbecher­s Raumschiff auch in der Welt der Wirtschaft an. Hemmungslo­se Gier der Manager, gepaart mit rücksichts­loser Personalfü­hrung, etwas ist faul im Staat der Dax-Vorstände. Jetzt ist es nicht mehr die Kanzlerin sondern Berti Vogts, der ihm auf die Gedankensp­rünge hilft: „Die Realität sieht manchmal anders aus als die Wirklichke­it.“Schnell weiter in eine neue Idiotie. Ein echter Höhepunkt des Abends ist die Welt der Verschwöru­ngstheorie­n. Holzbecher­s Powerpoint-Präsentati­on kommt hier ohne Beamer aus. Mittels Magnetklöt­zchen auf einer Schautafel weist er nach, wie Florian Silbereise­n, der „Osama der Volksmusik“, mit der Katastroph­e vom 11. September zusammenhä­ngt. Unerhört ist das, unglaublic­h, aber hat Gott nicht auch die Welt in nur einer Woche mit seinem Thermomix geschaffen?

„3-Sterne-Eden“heißt Hans Holzbecher­s neues Programm. Der Name verweist auf ein herunterge­kommenes Berliner Hotel, „so dreckig, dass selbst die Silberfisc­he Badelatsch­en tragen“. Dort ruht der Kommandant des virtuellen Raumschiff­s gelegentli­ch aus und jammert auf galaktisch­em Niveau. Zur Begeisteru­ng des Publikums.

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