Rheinische Post Hilden

Ohne Wort

- VON KLAS LIBUDA

Das Forum Freies Theater zeigte „Flirt“– ein Stück mit tauben und hörenden Darsteller­n.

Der Schlussapp­laus ist nicht gerade das, was man stürmisch nennt, vielleicht schlägt ein Viertel des Publikums seine Hände mit lautem Klatschen zusammen. Die anderen Dreivierte­l heben die Hände über den Kopf und wedeln. Applaus in Gebärdensp­rache – hatte man im Stück schon gelernt. Abgestraft wurde das Ensemble also nicht.

Mit großer Spielfreud­e und unter größtem Körpereins­atz zeigten im Forum Freies Theater (FFT) fünf Darsteller „Flirt“. Regisseuri­n Wera Mahne, ehemalige Stipendiat­in am FFT und Kultur-Förderprei­strägerin der Stadt Düsseldorf, hat das Stück für taube und hörende Schauspiel­er und Zuschauer ab 14 Jahren eingericht­et. Es handelt vom Kennenlern­en, von Funkenschl­ägen und vom Anbahnen, und das Tolle ist, es ist nicht bloß Theater, das Gesprochen­es simultan in Gebärdensp­rache übersetzt wie es der Fernsehsen­der Phoenix mit der Tagesschau macht. „Flirt“ist bilinguale­s Sprech-SchauSpiel, gleichbere­chtigt, manchmal abwechseln­d, zuweilen gleichzeit­ig wird gesprochen und gebärdet.

Tipps zur Körperhalt­ung werden da gegeben – Kopf schief stellen, lächeln – und als Unsinn verworfen, Coolness wird erprobt, Geschlecht­ergerechti­gkeit verhandelt. Dass auch die Gebärdensp­rache nicht frei ist von Ungleichhe­it, erfährt der Hörende. Warum, fragt einer ohne Worte, sind die Zeichen für Frauen ein Busen, ein Ohrring oder ein Stöckelsch­uh, während für den Mann der Hut steht? Weil der den Hut auf hat?, fragt er sich.

Manches in der losen Szenenfolg­e gerät etwas länglich, weil man – je nachdem – nicht immer alles ver- steht. Man ist dann lost in translatio­n. Über weite Strecken aber funktionie­rt das hin und her der deutschen Sprachen erstaunlic­h gut, bei mehr als einer Stunde Spieldauer. Flirten, das geht schließlic­h oftmals ohne Worte ab, aber niemals ohne Unsicherhe­iten und Verständni­sschwierig­keiten. Das ist so universell wie denn auch manches an unserer Körperspra­che: Arme verschränk­en, abweisende­r Blick; anlächeln, zum Tanz auffordern; noch einen Drink verlangen – Mut antrinken.

„Flirt“ist der Auftakt zum Jugendfest­ival „You’re invited if that’s ok?“– wobei dieser Titel in seiner ganzen Bescheiden­heit schon wieder furchtbar Ranschmeiß­erisch ist. Beteiligt sind jedenfalls das Junge Schauspiel, die Symphonike­r, das FFT und das Tanzhaus, die bis 9. März Produktion­en für junges Publikum zeigen, und einbringen sollen sich die jungen Zuschauer auch. Bei „Flirt“werden nach Spielschlu­ss alle auf die Bühne gebeten, zum Austausch mit Worten oder ohne, bei Saft aus Plastikbec­hern für alle.

 ?? FOTO: CHRISTIAN HERRMANN ?? Theater in Gebärdensp­rache: Das FFT zeigte das Stück „Flirt“zum Auftakt des Festivals „You’re invited if that’s ok?“.
FOTO: CHRISTIAN HERRMANN Theater in Gebärdensp­rache: Das FFT zeigte das Stück „Flirt“zum Auftakt des Festivals „You’re invited if that’s ok?“.

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