Rheinische Post Hilden

Groko: Auch in der Kreis-SPD rumort es

- VON CORDULA HUPFER

Sollen sie nun, oder sollen sie nicht wieder in die große Koalition mit der Union? Darüber diskutiert­e die Versammlun­g.

KREIS METTMANN Die Nase voll vom Eiertanz um die Regierungs­bildung scheinen nur wir Außenstehe­nde zu haben. Die Mitglieder der SPD im Kreis Mettmann aber sind mittendrin, müssen bis zum 2. März entscheide­n und meldeten sich bei einer Mitglieder­versammlun­g in der Erkrather Stadthalle mit engagierte­n Stellungna­hmen zu Wort. Es waren einige SPD-Urgesteine darunter, aber auch Partei-Frischling­e. Eine Auswahl:

Kerstin Griese, Kreis-Vorsitzend­e und langjährig­e Bundestags­abgeordnet­e, warb zum Auftakt für die große Koalition. Sie hat den Bereich Arbeit/Soziales im Koalitions­vertrag mitverhand­elt. Der sei ein Kompromiss, ja. Man habe aber darin viel, wenn auch nicht alles umgesetzt, etwa die Abschaffun­g der willkürlic­hen Befristung von Jobs. Unterm Strich lohne es sich jedoch, jetzt mit Ja zu stimmen. Mit Andrea Nahles werde, meint Griese, die SPD wieder stärker. Dass Martin Schulz Außenminis­ter werden wollte, habe gezeigt, dass ihm ein Regierungs­amt wichtiger sei als die Partei. „Das war nicht so gut.“

Kevin Buchner, Jungsozial­ist (Juso), will dagegen einen Politikwec­hsel und kein „Weiter so“. Er vermisst zentrale SPD-Themen wie Bürgervers­icherung und Nachzugsre­cht für Migrantenf­amilien im Koalitions­vertrag und befürchtet eine „einschläfe­rnde Politik“. Auf der Straße bekomme er viele Rückmeldun­gen von frustriert­en Bürgern, die sich etwas Neues erhofft hatten und die SPD nun für unglaubwür­dig, profillos halten. Ihr Tenor: „Egal, was man gewählt hat, „am Ende kommt immer Merkel dabei heraus.“Die Geschichte habe außerdem gezeigt, dass die Umfragewer­te der SPD immer dann sinken, wenn sie mit der Union verbunden ist. Sein Appell: „Lasst Euch nicht von der Angst vor Neuwahlen treiben, seid mutig, sagt Nein.“

Heiko Göbel, seit 40 Jahren in der SPD, attestiert der SPD „kollektive­s Führungsve­rsagen“und meint da- mit nicht nur Martin Schulz, sondern auch Sigmar Gabriel und Andrea Nahles. Seine Forderung: „Die müssen alle weg.“Nahles’ „Bätschi“, „gibt in die Fresse“und Gesinge im Bundestag, das gehe als Parteivors­itzende gar nicht, sei unprofessi­onell. Göbel möchte, dass die Partei wieder vorankommt und Glaubwürdi­gkeit zurückgewi­nnt: Tun, was man sagt, und sagen, was man tut. Der Koalitions­vertrag sei okay, aber er werde der SPD nicht helfen: „Das Gute wird wieder von Merkel aufgesaugt und das Schlechte der SPD angelastet. Es darf die Groko nicht geben“, meint Göbel.

Kathrin, einen Tag nach der Bundestags­wahl in die SPD eingetrete­n: Auslöser für diesen Schritt sei das AfD-Ergebnis. Da sei für sie nichts mehr wie vorher gewesen und sie habe nur gedacht: Was kann ich tun, dass das nicht noch schlimmer

betonte, der Koalitions­vertrag bringe mehr, als er erwartet habe. Es gehe jetzt um die Frage „Wie können wir Inhalte mit wem umsetzen?“Seine Forderung: Die SPD solle sich „durch vernünftig­e Regierungs­politik“erneuern und das Spielfeld nicht verlassen, „sonst werden wir Wähler verlieren“. Eine wachsende Bedrohung von rechts müsse vermieden werden – Verantwort­ung übernehmen, zeigen, dass man für solidarisc­he Politik steht.

Jens Niklaus, Haaner Ratsmitgli­ed aus Gruiten, ist ebenfalls für eine Neuaufstel­lung, „inhaltlich und personell“. Und: „Wir brauchen den klaren Schnitt – in dieser Entscheidu­ng liegt viel Potenzial, es gibt bessere Varianten.“

Es meldeten sich mehr Groko-Befürworte­r als Kritiker zu Wort – aber Applaus gab es für beide.

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Kerstin Griese (l.), Kreis-Vorsitzend­e, langjährig­e Bundestags­abgeordnet­e und Groko-Befürworte­rin, hatte zur Diskussion eingeladen. Rund 120 Teilnehmer hörten engagierte Vorträge.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Kerstin Griese (l.), Kreis-Vorsitzend­e, langjährig­e Bundestags­abgeordnet­e und Groko-Befürworte­rin, hatte zur Diskussion eingeladen. Rund 120 Teilnehmer hörten engagierte Vorträge.

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