Borussias letzte Europa-Chance
Trainer Dieter Hecking wehrt sich gegen die Untergangsstimmung.
MÖNCHENGLADBACH Borussias Fans waren sauer. „Wir woll’n euch kämpfen seh’n!“, schallte es der bedröppelten Mannschaft aus dem Gästeblock in Leverkusen entgegen. Vergangene Woche kassierte Mönchengladbach dort die sechste Niederlage im neunten Rückrundenspiel. Hätte gestern die Pressekonferenz vor dem wegweisenden Duell mit Hoffenheim vor der versammelten Fankurve stattgefunden, hätte sich Dieter Hecking jenen Gesang wohl nicht anhören müssen. Borussias Trainer kämpfte: gegen die Untergangsstimmung rund um den Verein und die Zuspitzung der Saison auf das Spiel gegen Hoffenheim.
Die Ausgangslage: Drei Punkte beträgt Gladbachs Rückstand auf Hoffenheim, den Tabellensiebten. Bei einer Niederlage wären es sechs und die Chance auf den Europapokal so gut wie dahin. „Wir können gewinnen, das ist doch nicht unmöglich“, sagte Hecking. Zweifel daran sind in den vergangenen Wochen allerdings aus mehreren Gründen aufgekommen. Hoffenheims Formkurve zeigt deutlich nach oben, während Gladbach eine der schlechtesten Rückrunden in seiner Bundesliga-Geschichte spielt und auf bis zu 13 Profis verzichten muss.
Unterstützung für seine Einstellung erhielt Hecking vom Gegner. „Es ist kein Sechs-Punkte-Spiel, von dem Begriff bin ich kein großer Freund“, sagte Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann. „Trotz der vielen Ausfälle habe ich händeringend versucht, einen schlechten Spieler im Kader von Dieter Hecking zu finden. Doch den gibt es einfach nicht.“Beide Trainer schätzen sich sehr. Das erste Duell mit diesen Mannschaften entschied Nagelsmann für sich (5:3), das zweite Hecking (3:1). Beide Spiele waren sehr ansehnlich, doch heute wissen die Trainer vermutlich selbst noch nicht, was sie erwartet.
Angesichts der beispiellos schlechten Personallage begann für Hecking gestern nach dem Abschlusstraining die große Bastelstunde. Seine Stamm-Doppelsechs um Christoph Kramer und Denis Zakaria muss er sicher ersetzen, ge- nauso wie seinen Dauerbrenner in der Innenverteidigung, Jannik Vestergaard. Doch das ist nur der Kern des Problems, zum Teil fehlen die Ersatzleute der Ersatzleute. „Natürlich ist die personelle Situation nicht dazu geeignet, in totaler Euphorie hier zu sitzen“, sagte Hecking, sah aber gar nicht ein, missmutig zu wirken: „Wir tun gerade so, als sei gar nichts mehr möglich.“
Trotzdem könnte das Spiel gegen Hoffenheim kurz-, mittel- und langfristig wegweisend werden: An Borussias Europapokal-Chancen hängt auch ihr Platz in der Nahrungskette der Bundesliga. Zum zweiten Mal in Folge könnte Hoffenheim international spielen, während Gladbach zum zweiten Mal in Folge zuschauen müsste.