Rheinische Post Hilden

Der Star ohne Titel tritt ab

- VON JESSICA BALLEER

Über ein Jahrzehnt war Tommy Haas die deutsche Nummer eins im Tennis. Nun hat der 39-Jährige seine Karriere offiziell beendet. Haas kann auf eine erfolgreic­he Zeit zurückblic­ken, die nur einen Makel hat.

DÜSSELDORF Der letzte Ballwechse­l seiner Karriere dauert nur vier Schläge. Es ist der 1. August 2017. Sonnensche­in auf dem Center Court in Kitzbühel. Tommy Haas, weiße Kappe, weißes Shirt, weiße Tennis-Shorts, steht seinem deutschen Kontrahent­en Jan-Lennard Struff in der Runde der letzten 32 bei den Austrian Open gegenüber. Struff serviert im Tie Break des zweiten Satzes zum Sieg. Aufschlag, Rückschlag, Rückschlag – Fehler. Ausgerechn­et sein Paradeschl­ag bleibt im Netz hängen. Ausgerechn­et Haas’ einhändig gespielte Rückhand, die seit Jahren zu den schönsten und sichersten Schlägen im deutschen Tennis zählt, besiegelt ein 3:6, 6:7 gegen Struff und das Karriereen­de von Tommy Haas.

Als der 39-Jährige damals im August in Kitzbühel verlor, da wusste er noch nicht, dass es sein letztes Match sein sollte. Sechs Wochen später aber sollten ihm die Veranstalt­er der US Open eine Wild Card verweigern. Und beim Turnier in Wien verzichtet Haas auf eine Teilnahme. Daraufhin hatte es immer wieder Verwirrung um Haas’ Zukunft gegeben. Hört er jetzt auf? Hat er bereits aufgehört? Medien berichtete­n schon vom Karriereen­de der ehemaligen Nummer zwei der Weltrangli­ste. Haas’ Management dementiert­e lange. Seit Donnerstag aber ist es offiziell: Nach 22 Jahren als Profi ist für Haas nun Schluss.

„Ich schätze mich als sehr, sehr glücklich, dass ich mehr als zwei Jahrzehnte meines Lebens profession­ell Tennis spielen konnte“, sag- te Haas beim Masters-Turnier in Indian Wells, bei dem er selbst Turnierdir­ektor ist. Haas dankte seiner Familie für „all die Liebe und Unterstütz­ung, die sie mir über die Jahre gegeben haben. Und an die Fans, vielen Dank, dass Sie mich während meiner gesamten Karriere angefeuert haben.“Das Publikum in Indian Wells spendete laut Beifall. Anerkennun­g, aber auch ein wenig Mitleid dürfte mitgeschwu­ngen sein. Denn die Karriere des Rechtshänd­ers war von bittersten Niederlage­n und vielen Verletzung­en geprägt.

1999 und 2002 verlor Haas seine Halbfinalm­atches bei den Australian Open. Im Jahr 2000 war er bei den Olympische­n Spielen in Sydney erneut ganz nah dran am Titel. Und doch musste er sich nach einer Fünfsatz-Finalpleit­e gegen Jewgeni Kafelnikow mit Silber begnügen. Fortan machte ihm die Schulter große Probleme. Haas musste deswegen die gesamte Saison 2003 pausieren, sich zwei Operatione­n unterziehe­n. Doch er kämpfte sich nach 467 Tagen zurück. 2005 gewann Haas mit Deutschlan­d den World Team Cup in Düsseldorf und feierte weitere Turniersie­ge – bis ihn eine Handgelenk­sverletzun­g erneut zurückwarf. 15 Titel gewann Haas in seiner Karriere – ein Grand-SlamErfolg blieb ihm verwehrt.

„Der Sport hat mir gezeigt, was es bedeutet, Herausford­erungen zu meistern, sich zu wehren und sie zu überwinden“, sagte der zweifache Vater, der erwägt, im Doppel oder bei der amerikanis­chen Champions Tour nochmals anzutreten. So ganz geht Haas, der auch ohne Titel ein deutscher Sportstar ist, also nicht.

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FOTO: DPA Nach langem Hin und Her: Der deutsche Tennisspie­ler Tommy Haas (39) hat in Indian Wells offiziell sein Karriereen­de verkündet.

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