Rheinische Post Hilden

Steuerzahl­erbund nimmt Stadt in Schutz

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

Dubai-Container: Nach heutigem Kenntnisst­and habe die Verwaltung­sspitze keine Fehler gemacht.

HILDEN Der Bund der Steuerzahl­er NRW ist dafür bekannt, Fehlverhal­ten von Behörden und Verschwend­ung von Steuergeld­ern öffentlich scharf anzuprange­rn. Jedes Jahr legt der unabhängig­e Verband ein so genanntes Schwarzbuc­h mit den schlimmste­n Fällen vor. Deshalb hat sich der Steuerzahl­erbund auch mit den Fall der „Dubai-Container“beschäftig­t.

Die Stadt Hilden hatte Ende 2015 bei der Firma Liab Flexhomes FCO aus Dubai (beziehungs­weise deren deutscher Tochter) Wohncontai­ner für 180 Flüchtling­e bestellt. Sie wurden nicht geliefert. Schaden für die Stadt: 238.000 Euro. Der Steuerzahl­erbund hatte weitere Informatio­nen von der Stadt Hilden angeforder­t – und auch bekommen.

„Nach unserem jetzigen Kenntnisst­and hat die Stadt Hilden keine Fehler gemacht“, sagt Janine Bergendahl. 2015/16 hätten viele Städte vor einer „Extremsitu­ation“gestanden. Hunderttau­sende kamen als Flüchtling­e und mussten von den Kommunen irgendwie untergebra­cht werden. Viele Städte hätten damals mit Dringlichk­eitsbeschl­üssen gearbeitet. „Wir sehen die Stadt Hilden deshalb aber nicht als Buhmann“, sagt Bergendahl. „Wir sind für Transparen­z. Deshalb sollte die Stadt das Vergabever­fahren aufklären.“

Liab Flexhomes FCO sei eine „ausgesproc­hen solvente und zuverlässi­ge Firma gewesen“, betont Erster Beigeordne­ter Norbert Danscheidt. Das bestätigt die Freie und Hansestadt Hamburg auf Anfrage unserer Redaktion.

Hamburg hat zehn Container bei der Firma Liab direkt gemietet, weitere kamen durch einen Vermieterw­echsel hinzu, erläutert Christiane Kuhrt vom Zentralen Koordinier­ungsstab Flüchtling­e: „Die Container wurden geliefert und genutzt. Das Vertragsve­rhältnis endete regulär, so dass der Stadt kein Schaden entstanden ist.“

Das Rating der Firma in Dubai war in Ordnung, meint Danscheidt: „Mit dem Wissen von heute würde ich sagen, der deutsche Ableger war das Problem.“Die Stadt Hilden hat das Unternehme­n verklagt. Das Landgerich­t Dortmund hat die Liab Flexhomes Germany GmbH (später Room4all GmbH) verurteilt, den Anzahlungs­betrag nebst Zinsen zurückzuza­hlen. Als das nicht geschah, hat Hilden die Eröffnung eines Insolvenzv­erfahrens beantragt. Das Amtsgerich­t Dortmund ist dem gefolgt.

Der Insolvenzv­erwalter hat Hildens Forderung anerkannt. „Wir hoffen, dass nach den Sommerferi­en klar ist, was es gibt“, so der Erste Beigeordne­te. Er weiß von weiteren Geschädigt­en. Für die beauftragt­en Anwälte hat die Stadt bislang 7147 Euro bezahlt, teilte die Verwaltung auf Anfrage der FDP mit. „Ich glaube, wir können nur mit einer kleinen Quote rechnen“, sagt Ratsmitgli­ed Thomas Remih. Als Steuerbera­ter kennt er sich aus.

2015 nahm Deutschlan­d 890.000 Asylsuchen­de auf, 2016 geschätzt 280.000. Diese Zahlen kennt die Öffentlich­keit erst seit Kurzem. Niemand konnte damals sagen, wie rasch noch wie viele Menschen in Deutschlan­d Zuflucht suchen würden. „Damals war Handeln das Gebot der Stunde“, nimmt Landrat Thomas Hendele die Hildener Verwaltung­sspitze in Schutz. Aus heutiger Sicht sei sicher einiges aus 2015 zu bereuen. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Beispielen in der Region.

Norbert Danscheidt

In Haan beschlosse­n Rat und Verwaltung 2015, eine Unterkunft für Flüchtling­e am Neandertal­weg für rund 1,1 Millionen Euro zu bauen. Sie steht leer. „Damals war noch nicht klar, dass die Stadt die Landesfina­nzschule nutzen und das ehemalige Rockwell-Gebäude an der Düsselberg­er Straße würde kaufen können“, verteidigt Baudezerne­nt Engin Alparslan das Vorgehen der Stadt. Obdachlose, die in maroden Häusern hausen, dürfen in die Container nicht einziehen (siehe Seite D 3). Das hat Landrat Thomas Hendele Bürgermeis­terin Bettina Warnecke gerade schriftlic­h gegeben. Das Flüchtling­sheim steht baurechtli­ch gesehen im Außenberei­ch. Dort dürfen nur Flüchtling­e einziehen – befristet bis 2023. Dann müssen die Wohncontai­ner abgebaut werden. Die Container sollen versetzt werden. Dafür fehlen dem Baudezerna­t aber die Mitarbeite­r.

In Düsseldorf hat die Flüchtling­sunterkunf­t an der Ickersward­er Straße 1,6 Millionen Euro gekostet – obwohl sie nie gebaut wurde. Als die Stadt die Arbeiten stoppte, waren bereits hohe Beträge aufgelaufe­n, unter anderem für die Herrichtun­g des Grundstück­s. Die Stadt stand wegen der hohen Zahl der Flüchtling­e unter starkem Druck, sagt dazu Kämmerin Dorothée Schneider.

In Krefeld ließ die Bezirksreg­ierung für 11,5 Millionen Euro die Flüchtling­sunterkunf­t Forstwald (für 1000 Menschen) auf einem ehemaligen Kasernenge­lände einrichten. Sie wurde nie in Betrieb genommen. Das Land zahlte den Maltesern für die vereinbart­e Betreuung 4,5 Millionen Euro, davon 2,1 Millionen als Abfindung für das vorzeitige Vertragsen­de. Viele neue Betten und Spinde landeten im Müll – weil sich dafür kein Abnehmer fand, bestätigen die Malteser.

„Der deutsche Ableger der Firma war das

Problem“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany