Rheinische Post Hilden

MEIN ERSTES MAL (4) . . . und nur ja nicht aus der Reihe tanzen

- VON ALEXANDRA RÜTTGEN

„Line-Dance“macht Spaß: Konzentrat­ion ist gefragt – und nicht ein einziger Ton, der aus der Anlage kommt, ist Country-Musik.

HILDEN Das Muster der khaki-farbenen Turnschuhe von Heike kenne ich jetzt in- und auswendig. Kein Wunder, starre ich doch schon fast eine Stunde darauf. Hebt Heike ihre Füße, hebe ich sie auch. Macht sie eine Drehung, drehe ich mich auch. Bis das alles reibungslo­s klappt, vergeht Zeit. Zeit, in der ich auch schon mal über meine eigenen Füße stolpere. Sechs Frauen und ein Mann lachen dann. Ich aber auch. Denn Line-Dance, das stelle ich schon nach wenigen Minuten fest, macht richtig Spaß.

Frank ist der Erste, der um 10 Uhr morgens vor der Turnhalle an der Furtwängle­rstraße in Hilden eintrudelt. „Anfangs waren wir vier Männer“, erzählt der 56 Jahre alte Versicheru­ngskaufman­n. Drei sind abgesprung­en. Er ist als einziger übrig geblieben. Warum er Line Dance tanzt? „Man kann sich auspowern“, sagt er. Und Line Dance sei lockerer als Square Dance. Es gebe keine Kleidungsp­flicht. Das gefällt mir. Denn ich habe weder ein kariertes Flanellhem­d noch einen Petticoat in meinem Schrank. Und auch die Musik sei gut, sagt Frank. Eben nicht immer nur Country-Musik.

Das sagt auch Tanzlehrer­in Ute Sinde, fast ein wenig rechtferti­gend. Country-Musik scheint für viele Interessie­rte doch eher abschrecke­nd zu sein. Also legt Ute Sinde ItaloPop auf. Auch gut. Der Rhythmus ist flott, und flott geht es zur Sache. Die Schritte sind schnell erklärt. Einmal in die Diagonale nach rechts, einmal nach links, einmal in die Mitte, und dann die Füße über Kreuz. Sieht gar nicht so schwer aus, denke ich, habe ich doch in den vergangene­n Jahren mehrere StandardTa­nzkurse absolviert. Doch LineDance ist was anderes.

Das merke ich schnell. Niemand führt. Anfassen ist nicht. Stattdesse­n wird Line Dance in Reihen und Linien getanzt. Die Tanzform kommt aus den USA und entwickelt­e sich dort während des 20. Jahrhunder­ts. Die Schritte des Line Dance werden in Europa, Asien und Amerika einheitlic­h vermittelt. So können Tänzer unterschie­dlicher Herkunft sofort gemeinsam loslegen, egal wo sie sind, erklärt Ute Sinde. Ein schöner Gedanke: ein Tanz, der Völker verbindet.

Doch zuerst müssen die Füße in Schwung kommen. Und das klappt nicht immer so gut. Wann kam noch gleich die Drehung nach links? Ute Sinde, Trainerin beim Tanzsportc­lub Düsseldorf, korrigiert profes- sionell und motiviert geduldig. Und irgendwann hab ich’s drauf. Toll. Solch ein schnelles Erfolgserl­ebnis gab’s bei Cha-Cha-Cha und Tango nur selten.

Die Stimmung im Kursus ist gut. Wir lachen viel, keiner hält sich für was Besseres. „Warum auch?“, sagt Barbara. „Hier muss man sich nicht beeindruck­en lassen. Hauptsache, man kann sich bewegen.“Bärbel stimmt zu. „Ich habe schon mal einen Apfelkuche­n verbrennen lassen, weil ich zu Hause getanzt hab’“, erzählt sie. Und wir alle können das verstehen. Gute Musik, gepaart mit Lebensfreu­de – schöne Augenblick­e muss man feiern, wenn sie da sind.

Line Dance, das fordert Konzentrat­ion und Fitness. Zwei Tänze ler- nen wir in einer Stunde. Am Ende rinnt mir der Schweiß von der Stirn. Wir verschnauf­en ein wenig. „Und das sind noch die leichteste­n Übungen“, raunt Frank mir zu. Er hat seine Übungen erstaunlic­h leichtfüßi­g absolviert. Ich hab’s aus den Augenwinke­ln gesehen, wenn ich mit meinen Blicken mal nicht an Heikes Schuhen hing. Dankeschön, ich habe verstanden. Nichts ist so leicht, wie es aussieht. Auch Line Dancer müssen eben trainieren.

Gelegenhei­t gibt’s noch genug dazu: Der TSG Blau Weiß Hilden bietet Line-Dance-Kurse donnerstag­s von 10 bis 11 (Anfänger) und 11 bis 12 Uhr (Fortgeschr­ittene) an. Die Teilnahme kostet 45 Euro. Infos unter Telefon 0178 2069007.

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