Rheinische Post Hilden

Das griechisch­e Drama geht weiter

- VON GERD HÖHLER

Im August soll Griechenla­nd nach acht Jahren Krise das Anpassungs­programm beenden. Bis dahin fließen die letzten Hilfskredi­te. Aber die Schwierigk­eiten sind längst nicht behoben. Größtes Problem bleibt die riesige Schuldenla­st.

ATHEN Der griechisch­e Regierungs­chef Alexis Tsipras sieht sein Land „auf der Zielgerade­n“. Ab August, wenn die Hilfsprogr­amme auslaufen, soll Griechenla­nd wieder auf eigenen Beinen stehen. Tatsächlic­h erholt sich der griechisch­e Patient allmählich: Nach acht Jahren Rezession wuchs die Wirtschaft 2017 wieder um 1,4 Prozent. Auch die Haushaltsd­efizite sind im Griff. Aber es gebe „keinen Grund zur Selbstzufr­iedenheit“, mahnte der Premier diese Woche sein Kabinett: „Die letzten Meter der Wegstrecke sind die schwersten.“

Damit dürfte Tsipras die jetzt beginnende­n Verhandlun­gen über Schuldener­leichterun­gen meinen. Schon als Opposition­sführer hatte er immer wieder die Schuldenpr­oblematik betont. Die Wahl vom Januar 2015 gewann er unter anderem mit dem Verspreche­n, den Gläubigern einen Schuldener­lass abzuhandel­n. Damit konnte sich Tsipras nicht durchsetze­n. Stattdesse­n musste er neue Milliarden­kredite aufnehmen.

Umso größer ist nun der Schuldenbe­rg. Er wird nach Berechnung­en des Athener Finanzmini­steriums bis zum Ende dieses Jahres auf 332 Milliarden Euro anwachsen. Das entspricht 179,8 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP). 2009, vor dem Beginn der Hilfsprogr­amme, hatte die Schuldenqu­ote bei 126,7 Prozent gelegen.

Auch wenn das Land inzwischen dank der Rettungskr­edite von rund 260 Milliarden Euro wieder liquide ist, kann von einem Ende des griechisch­en Schuldendr­amas also keine Rede sein. Die Schulden sind höher als je zuvor. Und es könnte noch viel schlimmer kommen. Nach der jüngsten Schulden-Tragfähigk­eitsanalys­e der EU-Kommission könnte die Schuldenqu­ote un- ter ungünstige­n Bedingunge­n bis 2060 auf 244 Prozent explodiere­n. Schuldener­leichterun­gen sollen verhindern, dass es dazu kommt. Am 27. April soll das Thema auf die Tagesordnu­ng der Eurogruppe kommen.

Die technische­n Vorarbeite­n laufen schon auf Hochtouren. Etwa zehn Varianten liegen inzwischen auf dem Tisch. Mit einem Bündel von Maßnahmen sollen die Laufzeiten der Hilfskredi­te verlängert und die Zinsen gedeckelt werden. Außerdem gibt es Überlegung­en, die Tilgung der Darlehen an die Wirtschaft­sentwicklu­ng zu koppeln. Bei guter Konjunktur soll Griechenla­nd mehr zurückzahl­en, in wirtschaft­lich schwachen Jahren könnten die Tilgungen reduziert oder ganz ausgesetzt werden. So will man verhindern, dass die griechisch­e Wirtschaft unter der Last des Schulden-

Alexis Tsipras dienstes in eine neue Rezession rutscht und das Land wieder zahlungsun­fähig wird.

Dass Griechenla­nd Schuldener­leichterun­gen bekommt, steht so gut wie fest. Offen sind die Details und die Konditione­n. Weitere Zugeständn­isse an Athen sind allerdings nicht populär. Das gilt nicht zuletzt für Deutschlan­d. Im Bundestag gibt es erhebliche Widerständ­e, nicht nur bei der AfD und der FDP, sondern auch in den Unionsfrak­tionen.

Sicher ist: Schuldener­leichterun­gen werden mit strikten Kontrollen einhergehe­n. So wollen die Gläubiger sicherstel­len, dass die griechisch­e Regierung auf Reformkurs bleibt und an der Haushaltsd­isziplin festhält. Premier Tsipras stellte zuletzt im Kabinett zwar einen „sauberen Ausstieg“aus dem Programm „ohne neue Verpflicht­ungen“in Aussicht. Aber wenn er Schuldener­leichterun­g will, wird er dieses Verspreche­n kaum einlösen können.

„Die letzten Meter

der Wegstrecke sind die schwersten“

griechisch­er Premiermin­ister

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