Rheinische Post Hilden

Jüdische Zuwanderer leben trotz Arbeit in Altersarmu­t

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BERLIN (may-) Eine Initiative von über 90 prominente­n Persönlich­keiten des öffentlich­en Lebens hat den Bundestag aufgeforde­rt, die systematis­che Diskrimini­erung jüdischer Zuwanderer zu beenden. Bei der Vorstellun­g des Aufrufs erläuterte der Grünen-Politiker Volker Beck, dass bei den jüdischen Zuwanderer­n, die seit 1990 als Kontingent­flüchtling­e nach Deutschlan­d kamen, für die Rentenbere­chnung nur die Berufstäti­gkeit in Deutschlan­d berücksich­tigt wird. Die jüdischen Gemeinden in Deutschlan­d seien damit durch weit verbreitet­e Altersarmu­t geprägt.

Tatsächlic­h hatte Deutschlan­d in den 90er Jahren unterschie­den zwischen den rund zwei Millionen Spätaussie­dlern und den etwa 200.000 jüdischen Migranten. Beide Gruppen kamen aus der ehemaligen Sowjetunio­n, beide sollten sich im Land ihrer Vorväter willkommen fühlen. Doch nur bei den Spätaussie­dlern wurde ihre Berufstäti­gkeit in Sowjetzeit­en anerkannt, die Juden wurden so gestellt, als habe ihr Berufslebe­n in Deutschlan­d erst begonnen. Da viele von ihnen bereits dem 60. Lebensjahr nahe waren, konnten sie zuvor noch so gut verdient haben, sie erhielten in Deutschlan­d keine Rente, sondern landeten in der Grundsiche­rung. Sie müssen sich vor jeder Reise abmelden, jeden Zusatzverd­ienst verrechnen lassen. Dabei handelte es sich auch um Überlebend­e des Holocaust und deren Nachkommen. Auch den im Alter von 40 oder früher nach Deutschlan­d gekommenen Juden fehlen nun wichtige Beitragsja­hre.

Die Initiative will eine Gleichstel­lung der beiden Gruppen. Zu den Unterzeich­nern zählen die früheren Bundestags­präsidente­n Rita Süssmuth (CDU) und Wolfgang Thierse (SPD), die Schriftste­ller Navid Kermani und Günter Wallraff, der rheinische Präses Manfred Rekowski und Kölns OB Henriette Reker.

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