Rheinische Post Hilden

Sewing verlangt „ Jägermenta­lität“

- VON MICHAEL BRÖCKER UND GEORG WINTERS

Der neue Chef der Deutschen Bank gibt den harten Hund. Er will nicht mehr akzeptiere­n, dass Kosten- und Ertragszie­le verfehlt werden. Die Zukunft der größten deutschen Bank verlangt nach Management mit Zuckerbrot und Peitsche.

FRANKFURT Von heute auf morgen ein Chefwechse­l – das ist für die Deutsche Bank etwas Neues, sieht man von November 1989 ab, als Alfred Herrhausen brutal von RAFTerrori­sten ermordet wurde. Selbst bei Anshu Jain, dem tief gefallenen Investment­bank-Star von einst, lagen 2015 zwischen der öffentlich­en Ankündigun­g und dem Abgang noch 23 Tage. Christian Sewing dagegen wurde über Nacht ins Amt gehievt, John Cryan zeitgleich zur Vergangenh­eit erklärt. Wieder taucht ein neues Gesicht auf, wieder beginnt eine neue Ära, wieder hoffen alle auf eine nachhaltig­e Strategie,

Sewing gab gestern den harten Hund. Er forderte von der Belegschaf­t die Rückkehr der „Jägermenta­lität“und erklärte, das Führungste­am werde nicht mehr akzeptiere­n, dass die Kosten- und Ertragszie­le verfehlt würden. Die bereinigte­n Kosten dürften 2018 die 23-Milliarden-Euro-Grenze nicht übersteige­n. „Das ist nicht verhandelb­ar“, stellte Sewing klar. Der Mann, von dem Kenner der Bank sagen, er sei ein „aufrichtig­er Reformer, aber kein großer Führer, wie ihn die Deutsche Bank früher hatte“, fährt zunächst die harte Linie.

Gleichzeit­ig, so formuliert es der Bankprofes­sor Wolfgang Gerke, müsse der neue Mann an der Spitze, der Jüngste in der Geschichte des Unternehme­ns, „der Mannschaft sagen, wo es hingehen soll, damit sie mitmacht“. Motivation ist das Stichwort. Ein Management, das mal nach Zuckerbrot verlangt, damit das Team nicht die Gefolgscha­ft verweigert, mal nach Peitsche, damit keiner vergisst, wie schwierig die Situation ist.

Ziemlich schwierig ist die. Die Bank hat nach vielen Strategiew­echseln noch keine Antwort darauf, wie sie im Retailgesc­häft ernsthafte Konkurrenz für Sparkassen und Volksbanke­n sein will, wie sie im In- vestmentba­nking wieder ertragreic­hes Geschäft machen will, wenn deutsche Industriek­onzerne auf der Suche nach Partner-Banken für große Deals den Branchenfü­hrer zunehmend links liegen lassen. Für diese Universalb­ank sei Sewing aber der richtige Mann, urteilt Gerke – Ausbildung im eigenen Haus, internatio­nale Erfahrung, Expertise im Massengesc­häft. Sewing sei nicht die 1d-Lösung, zu der ihn viele nach der Absage mehrerer ausländisc­her Kandidaten machen wollten. Und: Die Entscheidu­ng für Sewing sei keine gegen ein starkes Investment­banking. Die Bank müsse insgesamt profitable­r werden.

Immerhin hat die Ablösung von Cryan dem Aktienkurs gut getan. Allein die Nachricht vom Wechsel an der Spitze beförderte den Kurs um vier Prozent nach oben. Das darf man als Vorschussl­orbeeren für Christian Sewing bewerten, und es ist wichtig nach sechs Jahren, in denen sich der Aktienkurs mehr als halbiert hat und in denen der Börsenwert auf knapp 23,5 Milliarden Euro geschrumpf­t ist. Sewing hat den internen Machtkampf um die Nachfolge gegen den bisherigen CoStellver­treter Marcus Schenck gewonnen. Schenck, einst zusammen mit Sewing zu Cryans Vize gekürt, wird die Bank im Mai verlassen. Er hatte nach Informatio­nen aus Aufsichtsr­atskreisen deshalb keine Chance, weil die Arbeitnehm­er im Kontrollgr­emium hinter Sewing stehen. So habe Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner dort auch Kritiker mundtot machen können.

Die Aktionäre aus Katar und China, so heißt es übrigens, seien nur als „Spieler im Gremium“. Nicht an Personalie­n, Strategien oder Strukturen interessie­rt, sondern an Zahlen. Eine einfache Messlatte für Christian Sewing.

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