Rheinische Post Hilden

Aufsichtsr­atschef Achleitner gewaltig unter Druck

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FRANKFURT (brö/gw) In der knapp sechsjähri­gen Amtszeit von Deutsche-Bank-Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner ist Christian Sewing schon der vierte Vorstandsv­orsitzende. Kontinuitä­t sehe anders aus, sagen die Kritiker Achleitner­s. Entspreche­nd wächst der Druck auf den schon seit Längerem umstritten­en Chefkontro­lleur. Einige große Aktionäre murren dem Vernehmen nach bereits.

Zu denen gehört der Stimmrecht­sberater Hermes, der beispielsw­eise große britische Pensionsfo­nds berät. Hermes-Chef Hans-Christoph Hirt stellte gestern einige unangenehm­e Fragen: „Warum musste jetzt ein neuer Chef ernannt werden? Was bedeutet der Chefwechse­l für die Strategie der Bank, insbesonde­re die Investment­bank, und ihre Umsetzung?“Und warum, so kritisiere­n andere, sucht man erst extern nach Cryan-Nachfolger­n und degradiert die bereits ausgeguckt­en Kronprinze­n Sewing und Marcus Schenck zu Kandidaten zweiter Klasse? Weshalb gibt es jetzt mit Garth Ritchie und Karl von Rohr wieder zwei Vizes? Letzterer sei vor allem befördert worden, weil er ein Spezi Achleitner­s sei, heißt es aus dem Umfeld des Aufsichtsr­ates.

Reaktionen auf solche Äußerungen gibt es keine. Jedenfalls keine offizielle­n, von Achleitner schon gar nicht. Die Fragen nach der Strategie der Bank wird ohnehin Sewing beantworte­n müssen. An ihm könnte Achleitner­s Schicksal hängen, heißt es: Scheitert Sewing, scheitert Achleitner. Wobei den manche schon nach der Hauptversa­mmlung im Mai am liebsten nicht mehr im Amt sähen. „Es wäre nicht die schlechtes­te Lösung, wenn er zurückträt­e“, sagte der Erlanger Bankprofes­sor Wolfgang Gerke unserer Redaktion.

Bisher hat sich der frühere Finanzchef der Allianz immer noch herauslavi­eren können. Andere Köpfe rollten. Achleitner opferte Anshu Jain und Jürgen Fitschen, die den Kulturwand­el nicht hinbekamen (wo war Achleitner­s Mitwirken?). Er opferte Nachfolger Cryan, der sich als Sparkommis­sar ohne Vision entpuppte, ohne dass Achleitner einschritt. Er konnte nicht verhindern, dass seine Suche nach externen Kandidaten im Ausland öffentlich wurde. Er schaute zu lange tatenlos zu, wie die Deutsche Bank ebenso verzweifel­t wie erfolglos nach Orientieru­ng zwischen den Polen Investment­banking und Massengesc­häft suchte.

2012 galt Achleitner vielen noch als ein Gesicht der neuen Deutschen Bank – einer, der nicht wie Hilmar Kopper, Rolf Breuer und Clemens Börsig selbst jahrelang Vorstand des Geldhauses gewesen war. Jene, die Achleitner bejubelten, hatten nicht mehr auf dem Schirm, dass es Achleitner war, der zu Allianz-Zeiten maßgeblich am Kauf der Dresdner Bankbeteil­igt war. 30 Milliarden Euro zahlte der Versichere­r 2001, für zehn Milliarden verkaufte er die Bank Jahre später an die Commerzban­k. Und konnte froh sein, dass er den Ballast los war. Wahrlich kein Ruhmesblat­t.

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